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selbe sind, was man dort unten auf Erden „Nordlicht“ nennt, ist ganz un—
zweifelhaft.
2 Doch nun geht's nach dem Monde! Auf unserer Reise brauchen wir
nur bald vorwärts, bald rückwärts zu blicken, und wir sehen dann mit jedem
Tausend von Meilen, die wir zurücklegen, wie die Erde immer kleinen und
der Mond immer größer und größer erscheint. Bald wird uns die Erde
wie ein Himmelskörper, wie ein Stern vorkommen. Und nun wollen wir
uns einen kleinen Scherz erlauben. Einer von der Reisegesellschaft mag so
gut sein und seinen Hut fallen lassen. Auf der Erde würde der Hut sofort
in der ersten Sekunde zehn Meter fallen. Den Hut loslassen und ihn
wiedererhaschen, ist da unten ein Kunststück. Hier auf unserer Reise ist es
ein Spaß. Wir sind nämlich so weit von der Erde entfernt, daß ihre An—
ziehungskraft bedeutend geschwächt ist. Wir sind auf halbem Wege zum
Monde, nämlich 26000 Meilen vom Mittelpunkte der Erde entfernt, d.h. un—
gefähr dreißigmal entfernter von diesem Mittelpunkte, als unser Ausgangspunkt
auf der Erde. In der dreißigmaligen Entfernung ist aber die Anziehungs—
kraft der Erde nicht bloß dreißigmal schwächer geworden, sondern sie hat um
30 mal 30, das ist um 900mal abgenommen. Fiel unten der Hut in der
ersten Sekunde zehn Meter, so fällt er hier 900mal weniger in der Sekunde,
und das ist nur wenig mehr als ein Zentimeter, also ein so kleines Stück—
chen, daß wir fast Zeit haben, dreimal zu niesen, ehe wir die Hand auszu⸗
strecken brauchen, um den fallenden Hut einzufangen.
Reisen wir nun noch einige tausend Meilen weiter, so kommen wir an
einen Ort, von wo die Erde und der Mond in gleicher Größe erscheinen,
und nicht gar weit von dieser Stelle ist ein Punkt vorhanden, wo der nahe
Mond eine ebenso starke Anziehung ausübt wie die entfernte Erde. Wir
können nun unsere Reisebündel auf diesen neutralen Punkt hinlegen: alles
bleibt ruhig und unbeweglich stehen oder hängen oder schweben oder liegen,
wie man es nennen will. Die Erde zieht es hin, der Mond zieht es mit
gleicher Kraft her, und wir freuen uns, daß wir gar nichts zu tun brauchen,
um unser Gepäck festzuhalten.
Doch weiter geht's, und — mit einem Ruck langen wir auf dem Monde
an. — Aber niemand empfängt uns. Wir blicken um uns; wir sind in
einer gebirgigen Einöde. Wir rufen: Holla! Heda! aber zu unserm Schrecken
hören wir unser eigenes Wort nicht. Wir sind taub, völlig taub, und wir
merken's auch schon, woher das kommt: es ist keine Luft da, die den Schall
des Wortes fortpflanzt. Der Mond ist nicht von einer Lufthülle umgeben
wie die Erde, und somit fehlt auf dem Monde das, was bei jedem Schall
in Schwingungen versetzt wird, die dann an das Trommelfell schlagen und
die Empfindungen des Tones oder Geräusches verursachen. — Ist aber