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Dort machte er innerhalb fünf Jahren große Fortschritte in allen
Fächern, und bei seinem Eintritt in hannoversche Kriegsdienste ward ihm
wegen seiner Kenntnisse der Unterricht sämtlicher Unteroffiziere und selbst
junger Offiziere anvertraut. Drei Jahre später (1780) ward er Lehrer
an der Kriegsschule in Hannover und verschaffte sich nun als Verfasser
kriegswissenschaftlicher Schriften einen Namen. Während des ersten Um—
wälzungskrieges, in welchem er sich durch Kaltblütigkeit und Besonnenheit
auszeichnete, erhielt er die Ernennung zum Major und bald darauf zum
Oberstleutnant. Ein größeres Feld eröffnete sich für Scharnhorst, als er
10 in preußische Dienste übertrat. Durch den Herzog von Braunschweig dem
Könige von Preußen empfohlen, wurde er von diesem zum Oberstleutnant
bei der Artillerie ernannt. In den Generalstab versetzt, hielt er in Berlin
Vorlesungen für die Offiziere, wurde 1804 Oberst und dann mündlich
vom Könige in den Adelstand erhoben, ohne daß er sich bemühte, die
15 Urkunde darüber ausgefertigt zu erhalten.
Der Übermut und die hinterlistige Politik Napoleons entging Scharn—
horsts scharfem Auge nicht, und als das preußische Gebiet verletzt wurde,
exklürte er sich für den Krieg und äußerte: „Tritt Preußen jetzt nicht
Osterreich und Rußland bei und siegt Napoleon, so werden wir ihn im
20 nächsten Jahre auf dem Halse haben; und wo dann Beistand?“ Wirk—
lich sah Preußen sich 1806 unter nachteiligen Umständen zum Kampfe
gegen Frankreich gezwungen. Scharnhorst, der Napoleons Kriegsweise
ernsthaft erforscht hatte, begleitete den Herzog von Braunschweig als
Generalquartiermeister, wurde aber damals bei kriegerischen Angelegen—
SS heiten fast gar nicht zu Rate gezogen. Nach dem Unglückstage von Jena
und Auerstädt (14. Oktober 1806) schloß sich Scharnhorst, wenn auch
verwundet, an die Blücherschen Truppen an und leistete diesen auf dem
Rückzuge nach Lübeck die ersprießlichsten Dienste. Bei Erstürmung dieser
Stadt durch einen Zufall gefangen genommen, wurde er noch vor der
30 übergabe bei Ratkau ausgewechfelt. Nun eilte er zu dem König nach
Thorn, um beim nächsten Feldzug thätig zu sein. Schon in dem Gefecht
bei Pultusk rächten die Preußen durch einen wütenden Bajonettangriff
die Schmach von der Saale; noch mehr aber stellten sie ihren alten
Waffenruhm in der Schlacht bei Eilau wieder her, welche von Scharn—
5 horst mit Geistesgegenwart und kriegerischem Geschick geleitet wurde.
Bald darauf erfolgte jedoch die Niederlage bei Friedland und danach
der Friede von Tilsit, in welchem Preußen auf die Hälfte seines Ge—
biets verzichten mußte.
Was der Staat an äußerer Macht verloren hatte, das sollte ihm
0 nun an innerer Erstarkung wiedergegeben werden und zwar zu einer Zeit,
als argwöhnische Feinde noch die Hauptfestungen des Landes besetzt
hielten und das preußische Heer nur 42000 Mann betragen durfte.
Zu solch schwierigem Geschäfte ersah Friedrich Wilhelm III. den ernsten,