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als sie sich dem eigentlichen Strombette näherten, hielt Maclure
einen Augenblick an, um Jeb verschnaufen zu lassen. „Du wirst deine
ganze RKraft brauchen, Alte, und ich säbe lieber auf deinem
Rücken; aber du hast mich noch nie im Stich gelassen, und das
Leben einer Erau hängt an unserm Durchkommen.“
Sobald sie in das Flubbett kamen, stieg das Wasser bis an die
Achsen und dann bis an die Deichsel. Der Professor fühlte es um
seine Füße spülen, und der Wagen zitterte; es schien, als wollte
ihn das Wasser fortreiben. Doktor Macleod war nicht furchtsam;
aber er war noch nie bei Hochwasser durch einen Hochlandsflubß
gefahren, und die wilden, dunkeln Wassermassen, die neben, hinter
und vor ihm tosten, malten ihm Schreckbilder vor. Er stand auf
und hieb Maclure umkehren; er hätte nicht Lust, um irgend eines
Fremden willen den Tod im Wasser zu finden.
„Setzen Sie sichl“ donnerte Maclure, „Ihre Pflicht werden Sie
tun, und dazu gehen Sie jetzt durens Wasser!“ Maclures Ent-
schlossenheit siegte. Jeb suchte vorsichtig mit den Fübßen den
Weg und stemmte die Schultern gegen den Strom. Maclure beugte
sich vor, in jeder Hand einen Zügel und die Augen auf Hillocks
gerichtet, der jetzt, bis an die Hüften im Wasser stehend, Anwei-
sungen hinüberschrie und Mann und Plerd anfeuerte.
„Nach rechts, Herr Doktor! Dort ist ein Loch; dab Sie nur
da nicht hineinkommen. So ist's recht! Sehr gut! Rubig, ruhbig,
das ist die tiefste Stelle. Nur fest sitzen bleiben! Jetzt an der
Böschung hinauf, dann ist das Argste vorbei. Bravo, Jeb, bravo!
Jetzt gerad' auf mich zu, Herr Doktor, und ich zeig' Euch die Straße.
Meiner Treu, Ihr habt Euch gut gehalten beide!“ rief Hillocks und
patschte zu dem Wagen hin, der jetzt wieder im seichten Wasser
war. „In der Mitte wär's einmal ums Haar schlimm gegangen,“
führ er fort, „eine Hochlandsfurt in der Schneezeit ist kein Spab.
Aber jetzt seid Ihr auber Gefahr. Ieh wünsche Ihnen Glück, Herr
Professor, zum Geschäft. Nur ein braver Mann vwagt sich heute
durch den Tochty. leh meine, es mub Ihnen gelingen nach dem
Anfang.“ Es war schon bekannt geworden, daß ein berühmter
Professor kKomme, um Anna NMitchells Leben zu retten.
6. Zwei Stunden später kam Maclure aus Annas Stube, packte
Thomas, der wie ein Häuflein stummen Elends beim Küchenfeuer
saß, führte ihn in die Scheuer, breitete etwas Korn auf die Tenne
und gab ihm einen Dreschflegel in die Hand. „Jetzt müssen wir
anfangen, und vor einer Stunde sind wir nicht fertig. Ihr drescht
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