Full text: Mit 27 Abbildungen (Teil 3 = (6. - 8. Schuljahr), [Schülerband])

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2. Dann aber kamen die Pferdeeisenbahnen nach Charlottenburg und 
durch die Stadt und endlich 1882 die Stadtbahn. Der Straßenverkehr 
einer Riesenstadt wie Berlin, die allährlich um 50000 Einwohner wächst 
und von einer stetig steigenden Zahl von Fremden besucht wird, ist durch 
neue Unternehmungen immer nur auf kurze Zeit befriedigt. Kaum sind 
sie entstanden, so müssen sie auch schon wieder erweitert und durch neue, 
verbesserte Verkehrswege und Verkehrsmittel ergänzt werden. 
Die Berliner Pferdebahnen sind in den letzten Jahren unter großen 
Kosten sämtlich in „elektrische“ umgewandelt worden. Vor kurzem ist 
aber noch ein andres Riesenwerk seiner Vollendung entgegengegangen, 
die „Hoch- und Untergrundbahn“. Eine umfassende weitere Vermehrung 
der elektrischen Straßenbahnen war kaum noch möglich. Die verkehrs— 
reichen Straßen können schon jetzt vielfach die Flut der Fuhrwerke aller 
Art nur noch mit knapper Not aufnehmen. Man suchte sie durch die 
Hoch⸗ und Untergrundbahn zu entlasten. Die große Firma Siemens und 
Halske, welche die Erlaubnis zum Bau der neuen Bahn erhielt, hatte 
für diese eine Strecke gewählt, für die eine Verkehrsverbesserung besonders 
nötig erschien, die südliche Stadtgegend, vom arbeitsamen Osten und 
dem vornehmen Westen nach der Mitte der Stadt. 
3. Eine Hoch⸗ und Untergrundbahn! Die Mär, über die wir Kinder 
uns dazumal gar nicht beruhigen konnten, ist nun zur Wahrheit geworden. 
Die Bahn führt, wenn auch nicht über die Häuser dahin, so doch in der 
Höhe des ersten Stockwerks. Sie führt gelegentlich durch Häuser hin— 
durch; sie erklimmt einmal die Höhe eines dreistöckigen Hauses und ver—⸗ 
schwindet an andern Stellen ganz unter dem Pflaster der Straßen. 
Der größte Teil der Strecke, etwa zehn Kilometer lang, ist als Hoch— 
bahn erbaut. Als solche beginnt sie ganz im Osten Berlins ihren Lauf, 
überschreitet die Spree auf der Oberbaumbrücke und schlängelt sich auf 
dem etwa drei Meter hohen, ganz aus Eisen hergestellten Schienenwege 
bis zur Mitte des Südens. Ich will nicht behaupten, daß sie gerade 
zum Schmuck der Straßen dient, trotzdem die Erbauer das möglichste 
getan haben, sie dem Auge angenehm zu machen und die sehr zweckmäßig 
gebauten kleinen Bahnhöfchen hübsch herauszuputzen. Aber die Bahn hat 
äinen bedeutenden Vorzug vor der Stadtbahn, an die sich der Berliner 
gewöhnt hat. Das Geräusch der fahrenden Züge ist dank dem elektrischen 
Betriebe und dank der ganzen Bauart, die den Schall möglichst mildert, 
so gering, daß kaum irgend jemand wesentlich belästigt wird. Die Stadt⸗ 
bahn mit ihrem Lokomotivbetrieb und ihren langen Zügen ist ein wahrer 
Grobian der Hochbahn gegenüber.
	        
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