Full text: Mit 27 Abbildungen (Teil 3 = (6. - 8. Schuljahr), [Schülerband])

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das in der Höhe des ersten und zweiten Stockwerks für die Bahn durch— 
ro „en, in seinen übrigen Teilen aber bewohnbar geblieben ist. Unser Zug 
rollt weiter zum Nollendorfplatz. Einer der zierlichsten Bahnhöfe der ganzen 
Linie nimmt uns einen Augenblick auf; dann folgt eine kurze, steile Rampe, 
und wir gleiten in die Tiefe hinunter, in die Tunnelstrecke. Bei der Aus— 
führung dieser Unterpflasterbahn hatte man einen wahren Riesenkampf mit 
dem Grundwasser zu führen, das hier sehr hoch steht und sehr mächtig ist. 
Aber das Grundwasser bot nicht das einzige Hindernis. Der Boden 
jeder Großstadt ist geradezu durchseßt mit Wasserleitungsröhren, Abzugs— 
kanälen für die Kanalisation, Telephonkabeln, Kabeln der Elektrizitäts— 
werke usw. Man spricht nicht mit Unrecht von einem „unterirdischen 
Berlin“ Alle diese Röhren, Kabel, Kanäle, welche die Bahn kreuzten, 
mußten bei der Ausschachtung der Baugrube berücksichtigt und verlegt 
werden. Dann wurden die Schienenwege eingebaut, mit einer Pfeilerreihe 
in der Mitte, die die beiden Geleise scheidet, und endlich wurde die Decke 
durch eiserne Querträger und Betonschichten geschlossen; der Tunnel war 
fertig. Es fährt sich in den hellerleuchteten Wagen sehr gut durch ihn; 
die Luft darin ist vorzüglich, und er ist vollkommen wasserdicht. 
So bedeutet die Hoch- und Untergrundbahn ein ausgezeichnetes Ver— 
kehrsmittel, das stark benutzt wird. Im Laufe der Zeit werden voraus— 
sichtlich noch andre Linien gebaut werden, die die verkehrsreichsten Teile 
Berlins entlasten. Qanno von Spielberge (Daheim. 
177. Dienst an Arbeitslosen. 
1. „Waren Sie schon in der Schrippenkirche?“ fragte mich jüngst ein 
Freund, mit dem ich zuweilen Entdeckungsreisen durch Berlin mache. Trotz⸗ 
dem ich geborner Berliner bin und die Augen offen halte, mußte ich zu 
meiner Schande verneinen. „Dann haben Sie von dem Elend Berlins noch 
nichts gesehen. Begleiten Sie mich morgen früh nach dem Stadtmissionshaus 
am Johannistisch. Da können Sie was sehen.“ — Wir gingen. 
Der Sonntagmorgen war kalt und stürmisch und ließ mit seinem heulen— 
den Winde und den ungemütlichen Regenschauern die Lage jener Armen und 
Elenden, die hier arbeit- und heimatlos, mit zerrissenen Kleidern und klaffen⸗ 
den Stiefeln dem Stadtmissionshause zuwankten, noch trostloser erscheinen. 
Da strömten sie hinein in den weiten Saal, die gebrochenen Gestalten, Junge 
und Alte, Große und Kleine, ein ganzes Heer von Verkommenen, Ausge⸗ 
stoßenen, die den Glauben an sich und die Menschheit verloren haben. Wo 
waren sie die letzte Nacht? Im Asyl für Obdachlose, in den Herbergen, auf 
Treppen, Hausfluren und Gott weiß, wo sonst noch.
	        
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