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afrika und in Kaiser-Wilhelmsland gemacht sind, lassen die Hoffnung nicht
ausgeschlossen erscheinen, daß die Entwicklung dieser Gebiete eines Tages
durch Minenbetrieb stark gefördert werden wird.
So vielversprechende Ansätze sich aber auch überall zeigen, so darf
doch nie vergessen werden, daß neue koloniale Unternehmungen meist langer
Zeit zu ihrer Reife gebrauchen, und daß sie in ungewöhnlichem Maße
unvorhergesehenen Hinderungen und Gefahren ausgesetzt sind. Dreißig
Jahre hat England mit seinen reichen kolonialen Erfahrungen dazu ge
braucht, um endlich nach zahllosen und kostspieligen Fehlschlägen die Tee—
kultur in Indien einzuführen, die dann freilich auch alljährlich Hunderte
von Millionen abgeworfen hat. Ausdauer ist auch bei uns in erster
Linie erforderlich, wenn unsre kolonialen Unternehmungen von Erfolg
gekrönt werden sollen.
August Seidel. (Originalartikel.)
217. Eine Elefantenjagd in Kamerun.
Dibamba, den 30. Juli 1902.
1. Man lebt hier doch nicht so ganz ohne Hindernisse! Als ich
heute nacht von einem mächtigen Spektakel erwachte, glaubte ich, das Zelt
stände in Flammen. Es war aber nur ein Zug schwarzer Ameisen, die
unser friedliches Lager überfallen hatten und nun von meinen Schwarzen
mit schnell entzündeten Feuerbränden in einstündigem Kampf in die Flucht
geschlagen wurden. Mit der Nachtruhe war's nun vorbei, sowelt bei
dem leisen Singen der nichtswürdigen Moskitos überhaupt davon die
Rede war. Bei Tage hat man außer den verschiedenen Arten Ameisen
noch die kleinen Sandfliegen und große Bremsen zu bekämpfen, gegen die
die Schwarzen immer einen kleinen Besen bei sich führen, außerdem
Wespen, Hornissen und eine Menge andrer Plagegeister, die sich an—
gestrengt bemühen, einem das Leben im afrikanischen Busche zu verleiden.
Obgleich ich nun mitten unter diesem Ungeziefer sitze, möchte ich doch mit
niemand tauschen. Dicht bei meinem Zelte treffen meine zehn Schwarzen
die Vorbereitungen zu einem großen Festessen, zu dem der heutige Jagd—
tag Stoff und Veranlassung gegeben hat.
2. Ich sitze am Dibambaflusse, einem der großen Wasserläufe, deren
Mündungen die Kamerunniederung bilden. Er hat jetzt in der Regenzeit
eine so starke Strömung, daß ich zwei volle Tage bis zu dem Dorfe
Dibamba brauchte. Ich hatte sieben Dualas, Untertanen des biedern
Aqua, außerdem Fritz, meinen Crewjungen von Monrovia, in dem großen
Kanu, das mein Zelt und meine sonstige Ausrüstung trug. Am Abend
des zweiten Reisetages konnte ich endlich bei der Hütte eines einsamen
Buschmanns auf einer kleinen Urwaldlichtung mein Zelt aufschlagen und