Full text: Mit 27 Abbildungen (Teil 3 = (6. - 8. Schuljahr), [Schülerband])

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zeichnen sich die Leute durch Arbeitsamkeit aus, und sie waren zur Zeit 
meiner Anwesenheit durch Opiumgenuß nicht geschwächt, der der hohen 
Kosten wegen wenig Eingang finden konnte. Dies kann sich aber jeht, 
da in der Provinz selbst viel Dpium gewonnen wird, geändert haben. 
5. Übrigens herrscht, wie allenthalben in China, ein Gegensatz zwischen 
Stadt und Land. Blickt man auf die Felder, so erhält man den Ein— 
druck emsigen Fleißes. Mit dem frühsten Morgengrauen sind die Leute 
draußen, und in später Abendstunde sieht man sie noch immer dort be⸗ 
schäftigt. Die Mutter hackt die Löcher für den Samen, der Sohn wirft 
die Körner hinein, der Hausvater verteilt aus einem Korbe den Dünger 
sorgfältig auf jedes Korn. Dort geht ein Vater hinter dem mit Kühen oder 
einer Kuh und einem Esel bespannten Pfluge; er wird von seinen Söhnen 
bei der Arbeit unterstützt. Am Wohnhause wird der Kompostdünger von 
einem Esel, der an einer Stange um eine Achse geht, mittels eines Mühl—⸗ 
steins gemahlen. Dann wirft man den Dünger auf Haufen, so daß 
auch nicht ein Körnchen des kostbaren Stoffes verloren geht. Überall 
auf dem Lande das Bild der Arbeit! Auch in den Markiflecken herrscht 
reges Leben an den Markttagen, wenn auch die Beschäftigung nur im 
Kaufen und Verkaufen besteht. Sieht man sich aber in den Städten um, 
so glaubt man, daß die meisten Leute nichts zu tun haben. Sie be— 
wegen sich langsam und stehen müßig umher. 
6. Betritt man ein Dorf, so schwindet allerdings der Reiz, den es 
aus der Ferne bietet; denn auch hier fehlt nicht der Schmutz in den 
Straßen und Häusern, der sich in China überall findet. Die Fenster 
bestehen aus hölzernen, mit Papier überklebten Gittern und erreichen hier 
eine mäßige Größe. Kommt der Fremde in die schmale, meist mit Stein— 
platten unvollkommen belegte Dorfstraße, so bellen ihn Hunde einer ge— 
meinen, all emein verbreiteten Rasse an und belästigen ihn. Sie sind 
aber, wie allerwärts in China, zu feige, um ihm jemals ein Leid an— 
zutun. Schweine kleinen Schlages sind berechtigte Inhaber der Dorf— 
straße und erhalten Zulaß in die Häuser. Dazu kommen die üblichen 
Gerüche, die nie fehlen, wo Chinesen eng zusammenleben. Abfälle aller Art, 
die nie hinweggeräumt werden, Ausdünstungen der offenen Kochherde, der 
Salzfische in den Kramhandlungen, dazu der besondere Geruch, der der Rasse 
eigen ist, und den nur der Fremde bemerkt: das alles wirkt zusammen, um die 
Nerven unangenehm zu berühren. Und doch gedeiht der Chinese zu kräftigem, 
hohem Alter in einer Luft, die der Europäer als verpestet empfindet. Gibt 
es somit auch genug Unangenehmes zu überwinden, so stehen doch die Dörfer 
von Schantung verhältnismäßig hoch. Manche Einrichtung weckt heimische 
Srinnerungen in uns, so z. B. wenn fich die Dorfbewohner des Abends auf
	        
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