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II. Die Unterwerfung der Sachsen durch die Karolinger.
Gegend von Enger, sieben in der näheren Umgebung und sieben in
der Gegend von Bielefeld, Werther und Heepen. Jeder der Sattel¬
meier hatte ein besonderes Geschäft beim Könige; der eine führte
die Aufsicht über den Marstall, der andere über die Hirten, ein
dritter ordnete die Jagden an usw. Sie genossen besondere Vor¬
rechte, die ihnen bis in die neueste Zeit verblieben sind?)
d. Wittekind prüft die Anhänglichkeit seiner Untertanen. Als Wieking
schon zu einem guten Alter gekommen war, beschloß er einstmals, auf gar be¬
sondere Weise zu erproben, wer wohl in der Umgegend noch Anhänglichkeit an
ihn habe. Zwei Freunden offenbarte er sein Vorhaben, die nun. alsbald bekannt
machten, daß der König gestorben sei. Auch das Leichenbegängnis ward angeordnet.
Als aber zur angesetzten Stunde die Menge der Leidtragenden sich auf der Burg
versammelt hatte und um den verschlossenen Sarg her stand, trat plötzlich Wieking
selbst wohlbehalten und fröhlich unter sie. Und alle die, welche da umherstanden
und zu seinem Leichenbegängnisse gekommen waren, machte er auf ewige Zeit
zehntfrei. Unterdessen kam noch einer aus der Nähe von Bünde nachgelaufen.
Auch der erhielt dieselbe Begünstigung; allein von dem Tage an nannte man ihn
„Nalop", und so heißt sein Hof noch heutzutage. Wer aber unterwegs gewesen
und auf die Nachricht von dem Leben des Königs wieder umgekehrt war, wurde
zur Hälfte zehntfrei. Einer hatte nur erst die Schuhe angezogen, um sich auf
den Weg zu begeben. Doch blieb er auch nicht ganz unbedacht; von seinen
Kämpen wurde einer zehntfrei.
e. Tod und Beisetzung. Wittekind soll am 6. Januar 807 auf
der Babilönie bei Lübbecke gestorben sein. Von dort trugen ihn die
Sattelmeier nach Enger. Das Land, worüber der Zug ging, wurde
für zehntfrei erklärt. In-Enger wurde er in der Kirche feierlich bei¬
gesetzt. Die Kirchtür an der Westseite, durch die der Sarg hinein¬
getragen wurde, ist sofort zugemauert und bis heute nicht wieder
geöffnet worden. Der mittlere Teil der Kirche, wo die Leiche aus¬
gestellt war, heißt noch immer die Leichendehl. Der Sarg wurde
in einem kleinen Gewölbe am Chore beigesetzt und zugleich wurde
feierlich ausgesprochen, daß diese Gruft keine anderen Gebeine mehr
in sich aufnehmen dürfe. Über- dem Grabe wurde später hinter dem
Altare ein steinernes Denkmal errichtet und in-'dem obersten Deck¬
stein die Gestalt des alten Helden in Lebensgröße ausgehauen.
Er ist in ein weites, bis tief auf die Fersen reichendes Gewand
gekleidet, die linke Hand hält das Zepter, die rechte ruht auf der
Brust und zeigt den krummen Mittelfinaer, wie ihn der König in
der Tat zu seinen Lebzeiten hatte. Das Denkmal hat mehrere In¬
schriften in lateinischer Sprache. Zur Linken steht: „Denkmal Witte¬
kinds, des Sohnes Wamechin% des zwölften Königs der Angerer,
des tapfersten Herzogs der sassischen Großen." Auf dem breiten
Rande des oberen Decksteins liest man zu Deutsch: „Eines starken
Mannes und Helden Gebein an diesem Ort begraben sein. Wer diesen
König ehrt zur Stund', macht Gott denselben rein und gesund."
x) Noch jetzt genießen sie namentlich kirchliche Ehren, besonders bei der Be¬
stattung. Drei Tage nacheinander werden bei ihrem Tode zu ungewöhnlicher Zeit,
um 12 Uhr, die Glocken geläutet. Schon vom Sterbehause an begleiten die^ Geist¬
lichen den Sarg, hinter dem ein gesatteltes Pferd hergeführt wird, in die Kirche,
wo man den Sarg auf dem Chore am Altar niedersetzt.