Full text: [Teil 8 = 8. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 8 = 8. Schuljahr, [Schülerband])

2 — 
Solltest du nicht glauben, daß er diese Begebenheit zu deiner Freude 
zugelassen hat? Zu deiner Freude? O, wer wärest du! Wie glücklich! 
Ein Herz gebessert! Ich trat näher zum Fenster und sah gen Himmel. 
— Alein gewisse Empfindungen kann und darf man auch seinen besten 
Freunden nicht sagen. Sobald man sie ausdrückt, so giebt vielleicht der 
Ehrgeiz heimlich die Farben dazu her. Genug, mein lieber Graf, es 
waͤr ein glücklicher Abend für mich, für den ich Gott nicht genug danken 
kann. Mein gütiger Freund bat mich, seine Freundschaft zu verschweigen. 
Niemand soll sie auch wissen als Sie und meine Schwester. Er hat 
sich bloß durch das Lesen guter Bücher aus den Vorurteilen wider die 
Religion, womit ihn sein Stand angestecket hatte, herausgerissen. Er ist 
ein gelassener, bescheidener und wirklich weiser Soldat; doch hat seine 
Miene noch einen Rest von einer vormaligen Traurigkeit, worunter sie 
aber nicht leidet. Er will als Soldat sterben, weil er einmal gelernt 
hat, was zu diesem Stande gehört. Er schreibt gut und will dies der 
Abhandlung mit meinen Briefen zu danken haben. Aber der gute Mann! 
sein Herz und nicht meine Abhandlung ist die Mutter seiner Schreibart. 
Ich habe ihm noch eine kleine Bibliothek ausgesetzet — — — 
Nun, das ist ein langer Brief, guter Graf. Meine ganze Brust 
thut mir weh, so lange habe ich gesessen. Leben Sie wohl, so glücklich, 
als ich mir zu sein wünsche, und bleiben Sie es bis an den letzten 
Ihrer Tage! Dies wäre also der letzte Brief in dem 1754. Jahre. Und 
in dem künftigen, wie wird es da sein? Gut! Nun das geb. et 
ellert. 
19. Damokles. 
Als den Tyrannen Dionys 
ein Schmeichler einstens glücklich pries 
und aus dem Glanz der äußerlichen Ehre, 
aus reichem Überfluß an Volk und Gold erwies, 
daß sein Tyrann unendlich glücklich wäre; 
als dies Damokles einst gethan, 
fing Dionys zu diesem Schmeichler an: 
„So sehr mein Glück dich eingenommen, 
so kennst du es doch unvollkommen; 
doch schmecktest du es selbst, wie würde dich's erfreun! 
Willst du einmal an meiner Stelle sein?“ 
„Von Herzen gern,“ fällt ihm Damokles ein. 
Ein goldner Stuhl wird schnell für ihn herbeigebracht. 
Er sitzt und sieht auf beiden Seiten 
der dn größte Herrlichkeiten, 
die Stolz und Wollust ausgedacht. 
Von Purpur prangen alle Wände, 
Gold schmückt die Tafel aus, im Golde perlt der Wein. 
Ein Wink, so eilen zwanzig Hände, 
des hohen Winkes wert zu sein.
	        
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