Full text: Oberstufe, Unterabteilung, (2. Klasse der Berliner Gemeindeschule) (Teil 4, [Schülerband])

I 
wurde ein deutscher Fürst zum Erben der römischen Kaiserkrone erklärt 
und eingesetzt. 
Wohl war Karl solcher hohen Würde und Auszeichnung wert; denn 
er war nicht bloß ein Kriegsheld, der mit dem Schwerte dareinschlug, er 
war auch ein Vater seiner Völker, der lieber aufbaute als zerstörte. 
Um die geistige Bildung seiner Völker zu fördern, legte er Schulen an, 
die mit den Kirchen und Klöstern verbunden waren, und in denen Lesen, 
Schreiben und die christliche Lehre die Hauptgegenstände des Unterrichts 
ausmachten. Zu Lehrern bestellte er geschicke Männer aus Italien und 
Griechenland und gründete auch an seinem Hofe eine Schule, in welche alle 
seine Diener, hohe und niedere, ihre Söhne schicken mußten. 
Mit ganzer Seele hing Karl an dem Christentume; nie versäumte 
er ohne die dringendste Not den Gottesdienst; man sah ihn andächtig 
knieen und mit Demut sich vor dem Herrn aller Herren beugen. Er sorgte 
für gute Geistliche und beschenkte die neugegründeten Bistümer, Kirchen 
und Klöster reichlich. Die Mönche unterrichteten in den Klosterschulen 
Knaben und Jünglinge; sie sorgten für die Armen und nahmen Reisende 
gastfreundlich auf. Zur Verherrlichung des Gottesdienstes ließ Karl 
Sänger aus Italien kommen; denn die Deutschen verstanden damals noch 
nicht zu singen, sondern sie stießen die Töne rauh und hart heraus, so daß 
es klang, „wie wenn ein Lastwagen über einen Knüppeldamm rollt.“ 
Auch liebte Karl seine Muttersprache über alles. Als König 
erlernte er noch das Schreiben. Er arbeitete mit den Gelehrten seines 
Hofes an einer deutschen Grammatik; er ließ die alten Gedichte von Königen 
und Helden sammeln und gab den Monaten anstatt der lateinischen Bezeich— 
nungen deutsche Namen.?) 
Vorzügliche Sorgfalt verwandte Karl auf die Rechtspflege. Er 
reiste oft umher, um in eigener Person zu richten und zu schlichten. Wo 
er selbst nicht nach dem Rechten sehen konnte, thaten es seine Grafen, die 
im Namen des Königs die einzelnen Landschaften und Gaue verwalteten. 
Karl hatte nur eine Schar stehender Truppen, das Gefolge genannt. 
Zog der König in den Krieg, so wurde der Heerbann aufgeboten; dann 
waren alle waffenfähigen Freien verpflichtet, sich samt Gefolge, mit Rüstung 
und Lebensmitteln auf 3 Monate versehen, zum Kriegszuge zu stellen. 
UÜber den großen Angelegenheiten des Reiches vergaß auch Karl die 
kleinen des Hauses nicht. Er durchsah mit Sorgfalt die Rechnungen seiner 
Verwalter über Einnahme und Ausgabe. Es ist noch eine Anweisung vor— 
handen, welche er für diese entworfen. Er bestimmt darin genau, gleich 
einem erfahrenen Landwirte, wie Butter und Käse, Honig und Wachs 
bereitet, wie Wein gepreßt, Bier gebraut, wieviel Eier, wieviel Gänfe, 
Enten und Hühner verkauft werden sollten. 
Kaiser Karl war ein großer Freund vom Bauen. Von 163 Land— 
wohnungen und Schlössern, die sein Familieneigentum waren, hat er die 
) Wintermonat, Hornung, Lenzmonat, Ostermonat, Wonnemonat, Brach— 
monat, Heumonat, Erntemonat, Herbstmonat, Weinmonat, Windmonat, Chrift— 
monat, die leider nicht gebräuchlich geworden find
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.