Full text: [Teil 3 = 3. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 3 = 3. Schuljahr, [Schülerband])

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Die Lerche sich zum Himmel schwingt 
und lobet Gott, dab laut es klingt; 
sie singt und ruft mir schmetternd zu: 
«Mein Kind, nun bet und sing auch dul» 
77. Das Himmelblau. 
Die düsteren Regenwolken haben sich verzogen, nur eine kleine Schar 
niedlicher, weißer Lämmerwölkchen ist noch zu sehen. Ringsum leuchtet 
der Himmel im herrlichsten Blau. Über unserm Haupte ist die köstliche 
Färbung am tiefsten und kräftigsten. Je weiter abwärts nach dem Hori— 
zonte wird das Blau lichter, und an den fernen Bergen erscheint es als 
weißlicher Duft. 
Wir gehen hinaus auf den sonnigen Bergeshang und legen uns hin 
in den weichen, warmen Moosrasen. Wir schauen hinauf und mitten 
in das dunkle Blau über uns hinein. Tief, tief und immer tiefer dehnt 
sich der Himmelsraum, und es ist, als müßte man alle die gestorbenen 
Lieben dort oben im wonnigen Blau wiederfinden und als Engel am 
Throne Gottes spielen sehen. Ein wunderbares Gefühl wird rege, wenn 
wir so in den tiefblauen Himmel hineinschauen. 
Wie hoch ist der Himmel? Wie weit reicht das blaue Gewölbe? 
Wer hat es gemessen? Wer kann es sagen? Niemand. 
Aber das wissen wir: Je reicher das Luftmeer an wässerigen Dünsten 
ist, desto heller blau wird seine Färbung. Je weniger Wasserdampf in 
ihm ist, je mehr sich der Himmel abgeregnet hat, desto dunkler und reiner 
ist das Himmelblau. Das ist aber nur selten der Fall, weil unaufhörlich 
von der Erde unsichtbare Wasserdämpfe hinaufsteigen in den unendlichen 
Himmelsdom. Vom weiten Meere, vom kleinen Weiher, vom trüben 
Moore und von der klaren Quelle schweben feine Nebel auf und ziehen 
höher und höher. Die Tauperle am Grase, die Thräne im Auge, 
der Schweiß des Angesichts — auch sie steigen empor in die reine 
Himmelsluft. Jenseits des Luftmeeres gibt es kein Himmelblau. 
Die höchsten Berge der Erde ragen eine Meile in die Höhe; 10 Meilen 
hoch ist das Luftmeer, auf dessen Grunde wir wandeln. Kühne 
Männer sind im Luftballon eine Meile hoch emporgestiegen, aber dort 
war das schöne Blau fast ganz verschwunden; die Luft war trocken 
und dünn, scharf und kalt, selbst wenn drunten auf der Erde der blühende 
Sommer waltete.
	        
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