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man gewöhnlich mit dem Namen Nervenschlag. — Die Auf—
gabe des Laien besteht bei Schlaganfällen vor allem darin alles
vom Kranken fern zu halten, was seine leibliche oder geistige Ruhe
im geringsten stören könnte. Dann sei man auch bemüht beengende
Kleidungsstücke schnellstens zu lockern oder zu entfernen und ihm
eine bequeme Lagerung mit erhöhtem Kopfe zu verschaffen. Zeigt
sich der Kopf rotund heiß (Blutandrang), so mache man schleunigst
kalte Überschläge oder bringe einen Eisbeutel in Anwendung. Eine
Blutableitung vom Kopfe wird auch noch dadurch herbeigeführt,
daß man die Füße in eine feuchtwarme Umhüllung bringt, daß man
Senfteig auf die Waden und Fußsohlen sowie auf die innere Fläche
der Arme und auf die Brust legt. — Ist jedoch der Kopf des Patienten
blaß und kühl, so reibe man die Glieder mit wollenen
Stoffen oder weichen Bürsten; auch Senfteig ist ganz gut am
Platze; nur hüte man sich vor Anwendung kalter Umschläge.
Große AÄhnlichkeit mit den Schlaganfällen haben die Ohn—
machtsanfälle; die letzteren unterscheiden sich von den ersteren
dadurch, daß das Wiedererwachen aus der Ohnmacht gewöhnlich
schon nach einigen Minuten unter Ausbruch von Schweiß und
Eintritt von Erbrechen ohne ein Zurückbleiben von Lähmungen
stattfindet, und daß der Patient kurze Zeit darauf wieder zu seinem
gewöhnlichen Befinden und Kräftezustand gelangt. Bei der Hilfe,
die man Ohnmächtigen leistet, beachte man folgendes: Der Patient
muß eine wagrechte Lage haben; verkehrt wäre es ihn in eine
sitzende oder aufrechte Stellung zu bringen. So schnell als möglich
beseitige man alle beengenden Kleidungsstücke, besonders vom Ober—
körper, zur Erleichterung der Herz- und Lungentätigkeit und öffne
die Fenster. Gesicht, Brust und Magengrube besprenge man mit
frischem Wasser und halte zeitweise, also nicht anhaltend, spirituose
Flüssigkeiten, wie Cölnisches Wasser, Hoffmanns Tropfen oder
Salmiakgeist unter die Nase. Die Hauptsache muß aber immer
die Beschaffung reiner, guter Luft sein.
Bei Epileptischen lasse man den Ausfall austoben; je
mehr dies geschieht, und je ruhiger man den Kranken behandelt, desto
schneller kommt er wieder zu sich, und desto weniger wiederholt sich
der Anfall. Die Pflegerin hat den Kranken nur vor etwaigen Ver—
letzungen zu schützen ünd enganliegende Kleidungsstücke zu entfernen.
Für solche Kranke, welche die Anfälle bei Nacht bekommen, wird
das Bett am besten auf den Zimmerboden gelegt um Verletzungen
des Kranken bei etwaigem Herausfallen aus dem Bette vorzubeugen.
Nicht selten sind auch Erstickungen durch schädliche
Gase. Man bringe derartig Verunglückte sogleich in frische, reine
Luft; doch ist bei dieser Hilseleistung größte Vorsicht geboten; denn
stürzt sich die hilfeleistende Person in die nicht atembare Luft, so
Lehr⸗ und Lesebuch für weibliche Sonntaas⸗ u. Fortbildungsschulen.