Full text: Lesebuch zur Geschichte der deutschen Literatur alter und neuer Zeit

Die klassische Periode. — Schiller. 
Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, Berge lagen mir im Wege, 
Und würd' er in Ketten geboren. Ströme hemmten meinen Fuß, 
Laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei, Ueber Schlünde baut ich Stege 
Nicht den Mißbrauch rasender Thoren! Brücken durch den wilden Fluß. 
dem rcn wenn er die Kette Und zu eines Stroms Gesiaden 
Vor dem freien Menschen erzittert nicht! n e ed enen 
Und die Tug end, sie ist kein leerer Schall, Froh vertrauend seinem Faden, 
Der Mensch kann sie üben im Leben; Warf ich mich in seinen Schooß. 
Und, sollt' er auch strauueln a Hin zu emem großen Meere 
Er kann nach der göttlichen en nct m semne iet; 
Und wa kein Verstand d n inen seh Vor mir liegt's in weiter Leere, 
Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüth. Nhen bin ih nt van gia 
Und ein Gottist i i ie t Ach, kein Steg will dahin führen, 
Wie auc der menschühe wanre A da Hunnel uüber mir 
e e Raume webt il die rde nie berühren 
ebendig der ; —— 7 
len in wigen Wacsel kreist, Und das Dort ist niemals Hier! 
Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist. 4. Der Alpenjäger. 
Die drei Worte bewahret euch, inhaltschwer, Willst du nicht das Lämmlein hüten? 
Sie pflanzet von Munde zu Munde, Lämmlein ist so fromm und sanft, 
Und stammen sie gleich nicht von außen her, Nährt sich von des Grases Blüthen 
Euer Inn'res gibt davon Kunde. Spielend an des Baches Ranst. 
Dem Menschen ist nimmer sein Werth geraubt, „Mutter, Mutter, laß mich gehen, 
So lang' er noch an die drei Worte glaubt. Jagen nach des Berges Höhen“ 
3. Der Pilgrim. Willst du nicht die Heerde locken 
Noch in meines Lebens Lenze Mit des Hornes munlerm Klang 
Wat ich, und ich wandert' aus Lieblich tönt der Schall der Glocken 
Und der Jugend frohe Tänze In des Waldes Lustgesang. 
Ließ ich in des Vaters Haus. „Mutter, Mutter, laß mich gehen, 
Schweifen auf den wilden Höhen!“ 
All' mein Erbtheil, meine Habe 
Warf ich fröhlich glaubend hin⸗ Willst du nicht der Blümlein warten 
Und am leichten Pilgerstabe Die im Beete freundlich stehn? 
Zog ich fort mit Kindersinn. Draußen ladet dich kein Garten; 
Wild ist's auf den wilden Höhn! 
Denn mich trieb ein mächtig Hoffen „Laß die Blümlein, laß sie blühen! 
Und ein dunkles Glaubenswort; Mutter, Mutter, laß mich ziehen!“ 
Wandle, rief's, der Weg ist offen, 
Immer nach dem Aufgang fort. Und der Knabe ging zu jagen, 
Und es treibt und reißt ihn fort, 
Bis zu einer goldnen Pforten Rastlos fort mit blindem Wagen 
Du gelangst, da gehst du ein, An des Berges finstern Ort; 
Denn das Irdische wird dorten Vor ihm her mit Blitzesschnelle 
Himmlisch, unvergänglich sein. Flieht die zitternde Gazelle. 
Abend ward's und wurde Morgen, Auf der Felsen nackte Rippen 
Nimmer, nimmer stand ich still; Klettert sie mit leichtem Schwung 
Aber immer blieb's verborgen, Durch den Riß geborst'ner Klippen 
Was ich suche, was ich will. Trägt sie der gewagte Sprung; 
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