Prosa-Schriftsteller. — Fr. Schleiermacher. 471
mächte. So bereiste er Deutschland, um den Dänenkönig Waldemar zu
bewegen, daß er seinen Ansprüchen auf Holstein entsage, und beschwichtigte
die aufsässigen Städte der Lombardei. Noch in späteren Jahren betrieb er
den Friedensschluß zwischen Papst und Kaiser: er war allein zugegen, als
zu Magni die Beiden im Zwiegespräche sich verständigten. Für solche
Dienste überhäufte der Kaiser den Unentbehrlichen mit Gnaden und schenkte
ihm den schwarzen Reichsadler in das Herzschild des Hochmeister-⸗Kreuzes.
Wie hätte dem klarblickenden Staatsmanne bei seinem wiederholten Verweilen
zu Allon entgehen sollen, daß des Ordens Besitz im Oriente schwer gefährdet,
der Sinn der Christenheit der „ieben Reise“ in das heilige Land entfremdet
sei? Bereits trug er sich mit dem Plane, dem Orden im Abendlande eine
gesicherte Heimath zu grunden — deun so lange nicht ein Anderes erwiesen
ird, muß es bei der Dürftigkeit der Quellen gestattet sein, den Ruhm dieses
Gedankeng dem Hochmeister zuzuweisen — und gern schickte er eine Schaar
seiner Riller, als König Andreas von Ungarn wider die heidnischen Kumanen
der starken Hand des Ordens bedurfte und ihm als Kampfpreis Siebenbürgens
schoͤnes Burgenland zu Lehen gab. Die Ritter kamen und — bewogen den
Papst, das ungarische Lehen fuͤr ein Eigenthum St. Petri zu erklären — in
senem Geiste kraftbewußter, rücksichtsloser Selbstsucht, der von da an des
Ordens Staatskunst erfüllt. Doch der Ungarkönig eilte, die gefährlichen
Freunde aus dem Lande zu treiben. Noch war das Fehlschlagen dieses kecken
Anschlags nicht verschmerzt: da erschien bei dem Hochmeister — er verhandelte
gerade in Sachen des Kaisers mit den Kommunen der Lombardei — die
Gesandtschaft eines polnischen Kleinfürsten, seine Hilfe erflehend gegen die
heidnischen Preußen (1226). Und es geschah, daß der Orden seinen großen
christlich-deutschen Kreuzzug begann, eifrig gefördert von einem Kaiser, der
weder christlichen noch deutschen Sinnes war. So stoßen wir schon an seiner
Schwelle auf die geheimste Unwahrheit des Ordensstaates: sein Werk kriegeri—
scher Hädenbekehrung ward begonnen in Tagen, die dem naiven Glauben
der alten Zeiten bereits entwuchsen.
3. SIchleiermacher, Hrimm und Varnhagen.
. Fr. Schleiermacher.
. 8. 154. Lehrb. 5 1028.)
1. Aus den Monologen.
Wohl fürchten die Menschen, daß nicht lange die Freundschaft währe;
wandelbat scheint ihnen das Gemüth, es koͤnne der Freund sich ändern, mit
aller Gesinnung fliehe die alte Liebe, und Treue sei ein seltenes Gut. Sie
haben Recht; es liebt ja, wenn sie über das nutzliche hinaus noch etwas
bnnen, doch einer vom andern nur den leichten Schein, der das Gemüth
umfließt, die oder jene Tugend, die, was sie eigentlich im Innern sei, sie nie
erforschen; und wenn in den Verwirrungen des Lebens ihnen das zufließt, so
schämen sie sich nicht, nach langen Jahren zu gestehn, sie haben am Menschen
sich geirrt. Mir ist nicht schöͤne Gestalt, noch was sonst im ersten Anblick
das Herz der Menschen fängt, verliehen: doch webt auch jeder, der mein In—
neres nicht durchschaut, sich einen solchen Schein. Da wird an mir ein gutes
Herz geliebt, wie ich es nicht vermöchte, ein bescheidenes Wesen, was ganz
anders ist in mir, als sie meinen, ja Klugheit auch, die ich von Herzen ver—