Die Dichter unserer Zeit. Auerbach.
heraus. Natürlich kam er zuerst auf die Morgenhalde. Man stand dort
eben um den Mittagstisch, und alles faltete die Hände, da that der junge
Len; einen Schrei, die Mutter hat oft gesagt, wenn sie ihn noch einmal höre,
so sterbe sie. Die beiden Freunde lagen einander in den Armen. Pilgrim
war indeß schnell wohlgemuth und sagte: daheim habe er doch am meisten
Glück, da käme er zum gedeckten Tisch; und Niemand auf der Welt gönnte
es ihm mehr als die Ellern und der Sohn auf der Morgenhalde. Der alte
Lenz wollte Pilgrim ganz ins Haus nehmen, aber dieser lehnte es entschieden
ab; er ist ungemein eifersüchtig auf seine Selbstständigkeit. Er richtete sich
hier in unserer Nachbarschaft eine hübsche Werkstätte ein. Anfangs gab er
sich viel Mühe, neue Muster von Uhrenschildern einzuführen — er hat viel
Farbe, aber seine Zeichnung ist sehr mangelhaft — er hat es aber besonders
darin verfehlt, daß er die Grundform unseres Schwarzwälder Uhrenschildes
das Viereck mit dem aufgesetzten Bogen — verändern wollte. Als er nun
sah, daß er mit seinen Neuerungen nicht durchdrang, machte er das Altge—
wohnte auf Bestellung und ist nun dabei immer heiter und guter Dinge. Er
versteht die seltene Kunst, glücklich zu sein, ohne Glück zu haben.“
2. Der Streit um einen Pfiff.
Schatzkästlein des Gevallersmanns)
In der Heimath des Gevattersmanns erzählt man sich eine Geschichte,
die er seinerseits nun auch berichten will.
Der Zinngießer Huber war viel gewandert und glaubte ein großer
Menschenkenner zu sein, aber das weibliche Herz studiert man nicht so bald
aus, und obgleich Huber bereits ansäßiger Meister war, sah er doch schon
einige Monate nach der Hochzeit, daß er in einem gewissen Bereiche der
Menschenkenntniß noch Lehrjunge sei, und die Art, wie er darauf kam, war
lustig und trauxig in einem Stück.
Unser Meister war also verheirathet mit einem eben so fleißigen als
aufgeweckten Weibchen; er arbeitete mit zwei Gesellen, hatte ein wohleinge—
richtetes Haus und daneben ein klleines Gemüsegärtchen mit einem großen
Birnenbaum, der sogenannte Zweiputzer Birnen trug, bei deren Verspeisung
man, wie die Gans bei'm Trinken, den Kopf hochhalten muß, damit kein
überflüssiger Saft herabläuft.
Es war sehr gescheit von der Mutter Hubers, daß sie ihn just in der
Mitte des Juni geboren hatte, nicht eben weil er ein Prinz war, und das
ganze Volk in dieser geschickten Jahreszeit um so bequemer verehrungsvolle
Kränze winden konnte, sondern weil es eben anmuthend ist, an dem Tage, da
man zuerst in die Welt kam, auch hinaus zu können in die freie Natur.
Das hatte sich die junge Frau Huber wohl zu Nutzen gemacht. Am Morgen,
er war sonnenhell und frisch, stand unter dem Birnenbaum ein kleines Tisch—
chen mit weißen Linnen bedeckt, und darauf bei dem zinnernen Kaffeegeschirr
goldgestreifte Geburtstagstasse, inmitten eines Kranzes von frischen
osen.
Unser Meister war kein Freund von vielen Worten, absonderlich des
Morgens. Er drückte seiner Frau tapfer die Hand für die schöne Ueber—
raschung, und sie verstand was das sagen wollte. Er trank den Kaffee,
wozu sie ihm allen Rahm oben abschöpfte, und tunkte den Butterzopf mit
vielem Behagen ein. Das war nach seiner Art die beste Danksagung. Nach