Full text: Poesie und Prosa aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert

Christian Ewald v. Kleist. 
Du stirbst noch nicht; der Himmel wird 
Dich noch erhalten, mir zum Trost.“ 
Und viele Tränen flossen ihm 
Vom Aug'. — Indessen hatten sie 
100 Die Reusen ausgelegt. Die Nacht 
Stieg aus der See, sie ruderten 
Gemach der Heimat wieder zu. — 
Irin starb bald. Sein frommer Sohn 
Beweint' ihn lang', und niemals kam 
105 Ihm dieser Abend aus dem Sinn. 
Ein heil'ger Schauer überfiel 
Ihn, wann ihm seines Vaters Bild 
Vors Antlitz trat. Er folgete 
Stets dessen Lehren. Segen kam 
110 Auf ihn. Sein langes Leben dünkt' 
Auch ihm ein Frühlingstag zu sein. 
3. Der Frühling. 
Gelürzt.) 
Empfang' mich, schattiger Hain, voll hoher grüner Gewölbe! 
Empfang' mich! Fülle mit Ruh und holder Wehmut die Seele! 
Führ' mich in Gängen voll Nacht zum glänzenden Throne der 
Tugend, 
Der um sich die Schatten erhellt! Lehr' mich den Widerhall reizen 
Zum Ruhm verjüngter Natur! Und ihr, ihr lachenden Wiesen, 5 
Ihr holden Täler voll Rosen, von lauten Bächen durchirret, 
Mit euren Düften will ich in mich Zufriedenheit ziehen 
Und, wenn Aurora euch weckt, mit ihren Strahlen sie trinken. 
Gestreckt im Schatten, will ich in güldne Saiten die Freude, 
Die in euch wohnet, besingen. Reizt und begeistert die Sinnen, 10 
Daß meine Töne die Gegend wie Zephyrs Lispeln erfüllen 
Und wie die rieselnden Bäche! 
Auf rosenfarbnem Gewölke, bekränzt mit Tulpen und Veilchen, 
Sank jüngst der Frühling vom Himmel. Aus seinem Busen 
ergoß sich 
Die Milch der Erden in Strömen. Schnell roüte von Hügel 
und Bergen 25 
Der Schnee in Haufen herab, und Felder wurden zu Seen. —
	        
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