Friedrich von Schiller.
Nicht blind mehr waltet der eiserne Speer,
Nicht fürchtet der Schwache, der Friedliche mehr,
Des Mächtigen Beute zu werden.
3. Und der Kaiser ergreift den goldnen Pokal
Und spricht mit zufriedenen Blicken:
„Wohl glänzt das Fest, wohl pranget das Mahl,
Mein königlich Herz zu entzücken;
Doch den Sänger vermiss' ich, den Bringer der Lust,
Der mit süßem Klang mir bewege die Brust
Und mit göttlich erhabenen Lehren.
So hab' ich's gehalten von Jugend an,
Und was ich als Ritter gepflegt und gethan,
Nicht will ich's als Kaiser entbehren.“
4. Und sieh! in der Fürsten umgebenden Kreis
Trat der Sänger im langen Talare;
Ihm glänzte die Locke silberweiß,
Gebleicht von der Fülle der Jahre.
„Süßer Wohllaut schläft in der Saiten Gold,
Der Sänger singt von der Minne Sold,
Er preiset das Höchste, das Beste,
Was das Herz sich wünscht, was der Sinn begehrt;
Doch sage, was ist des Kaisers wert
An seinem herrlichsten Feste?“ —
5. Nicht gebieten werd' ich dem Sänger,“ spricht
Der Herrscher mit lächelndem Munde,
„Er steht in des größeren Herren Pflicht,
Er gehorcht der gebietenden Stunde.
Wie in den Lüften der Sturmwind saust,
Man weißnicht, von wannen er kommt und braust,
Wie der Quell aus verborgenen Tiefen,
So des Sängers Lied aus dem Innern schallt
Und wecket der dunklen Gefühle Gewalt,
Die im Herzen wunderbar schliefen.“
.Und der Sänger rasch in die Saiten fällt
Und beginnt sie mächtig zu schlagen:
„Aufs Waidwerk hinaus ritt ein edler Held,
Den flüchtigen Gemsbock zu jagen.