Full text: Spiegel neudeutscher Dichtung

Hans Benzmann. 
Hans der Schuster. 
Nun war der Mai gekommen: 
im blonden Haar ein blaues Band, 
im lilienweißen Kleide, 
ein Rosenstenglein in der Hand, 
so zog er über die Heide. 
Da dachte Hans, der Schuster: 
nun hast du einen Winter lang 
geschustert und genäht, 
nun wirst du einen Sommer lang 
hell fiedeln früh bis spät. 
Und holt die muntre Fiedel: 
doch als er setzt den Bogen an, 
die Saiten schrill erklingen, 
und welches Lied er auch begann, 
ihm wollte keins gelingen. 
Da dachte Hans, der Schuster: 
das hat man von der Schusterei, 
nun sind die Finger krumm, 
das alte ewige Einerlei 
macht Kopf und Herze dumm. 
Und griff zu Draht und Pfriemen. 
Und draußen sang die Nachtigall, 
es strömt von allen Zweigen 
ein süßer Duft, ein Glanz und Schall; 
doch Hans vergaß das Geigen. 
Zwar wollt sein Herz oft brechen: 
Dann war es ihm, als läg es bloß, 
als läg's auf seinem Schuh, 
als schlüg sein Hammer flink drauf los, 
als schlüg er's auch zur Ruh. 
Christus beruhigt das Meer. 
Am flachen Heiderand, weit hinter Schilf 
und fernen Fichtenwäldern glimmt und schwelt 
noch dunkelviolette Sonnenglut. 
Die Berge und weißen Dörfer rings umher 
verdämmern im scharlachroten Nebelmeer. .. 
263
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.