Full text: Deutsche Poesie von den Romantikern bis auf die Gegenwart

216 Friedrich Bodenstedt. 
28. Aber ich, in froher Blöße, 25. Immer dunkler von den Gletschern, 
Freue mich voll grimmer Lust, Von den hohen, rauscht und schwoll es, 
Labe gierig meine Größe Und in immer lauterm Plätschern 
An der heißen Himmelsbrust.“ Schäumend mir zu Füßen quoll es. 
24. Aso sprach Kasbek, der mächt'ge, 26. Seltsam wilde Regung fühlt' ich, 
Und ich stand in tiefem Sinnen. Als ich stumm von dannen schlich — 
Durch das öde Grau'n, das nächt'ge, Schöner Terek, nimmer hielt ich 
Hört' ich's einem Strom gleich rinnen. Für ein Kind des Schmerzes dich! 
314. Freundschaft. 
Wenn jemand schlecht von deinem Freunde spricht, 
Und scheint er noch so ehrlich, glaub ihm nicht! 
Spricht alle Welt von deinem Freunde schlecht, 
Mißtrau der Welt und gib dem Freunde recht! 
Nur wer so standhaft seine Freunde liebt, 
Ist wert, daß ihm der Himmel Freunde gibt. 
Ein Freundesherz ist ein so seltner Schatz — 
Die ganze Welt beut nicht dafür Ersatz. 
Ein Kleinod ist's, voll heil'ger Wunderkraft, 
Das nur bei festem Glauben Wunder schafft. 
Doch jedes Zweifels Hauch trübt seinen Glanz 
Einmal zerbrochen, wird's nie wieder ganz. 
Drum, wird ein solches Kleinod dir beschert, 
O, trübe seinen Glanz nicht, halt es wert; 
Zerbrich es nicht! Betrachte alle Welt 
Als einen Ring nur, der dies Kleinod hält, 
Dem dieses Kleinod selbst erst Wert verleiht; 
Denn wo es fehlt, da ist die Welt entweiht! 
Doch würdest du dem ärmsten Bettler gleich 
»Bleibt dir ein Freundesherz, so bist du reich; 
Und wer den höchsten Königsthron gewann 
Und keinen Freund hat, ist ein armer Mann, 
315. Germania auf dem Niederwald. 
(28. September 1883. 
1. Wie wogt es herbei von Süd und Nord 
Zum Rheine, wo festlich heut' prangt jeder Ort! 
Zu Land und zu Wasser zieht jung und alt 
Nach Rüdesheim hin, zum Niederwald. 
2. Dort blickt mit vorgebeugtem Leib 
Vom hohen Hügel ein hohes Weib, 
Ein Heldenweib, wie man keines sah, 
Eh' du erstandest, Germania!
	        
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