166 Königreich Preußen. Proo. Hessen-Nassau. A. Hessen. [16
Wilhelm II., 1821 — 1847. Eine seiner ersten Regierungshand¬
lungen war die Trennung von Verwaltung und Rechts¬
pflege; das Land wurde in 4 Pro vinz en und 22 Kreise ein -
geteilt, an die Spitze der Negierung trat ein Staatsmini -
st e tri um. Das Militär wurde vermindert und nach preußischem
Muster eingerichtet. Nach längerer Weigerung und nachdem sich
die Mißstimmung des Volkes in Kassel und Hanau 1830 durch
Unruhen geäußert, gab der Kurfürst seinem Lande am 5. Januar
18 31 die langersehnte Verfassung. Im September 1831 er¬
nannte er seinen Sohn zum Mitregenten und zog sich nach
Wilhelmsthal- bei Hanau zurück. Er starb 1847.
Friedrich Wilhelm I. (Mitregent seit 1831, Kurfürst 1847
bis 1866). Er betrachtete die von der Verfassung dem Herrscher
auferlegten Schranken als ungehörige Verkümmerung seiner Rechte,
daher war der größte Teil seiner Regierungszeit ausgefüllt mit Ver¬
fassungsstreitigkeiten. Im übrigen wollte er das Wohl
seines Landes, wofür die Errichtung der Landeskreditkasse
(1832), der Erlaß der Gemeindeordnung (1834), der An¬
schluß an den Zollverein (1834), der Bau von Eisenbahnen
(1845) u. v. a. zeugen.
Als die Stände im Jahre 1850 die Steuern verweigerten,
wandte sich der Minister Hassenpslug an den deutschen Bundestag
in Frankfurt. Dieser verfügte die Belegung des Landes
mit fremden Truppen (die sogenannten „Strafbayern"). 1852
erfolgte die Aufhebung der Verfassung von 1831, die erst
zehn Jahre später (1862) dem Volke zurückgegeben wurde.
Am 18. Oktober 1863 feierten Fürst und Volk in gro߬
artiger Weise die ErinnerungsfeierandieVölkerfchlacht
bei Leipzig, und der Kurfürst legte persönlich den Grundstein zu
dem Denkmal für die in der westfälischen Zeit er¬
schossenen Freiheitshelden. Im Jahre 1866 stellte sich
der Kurfürst aus Seite Österreichs gegen Preußen und verlor an
dieses sein Land. Er starb am 6. Januar 1875 in Prag und
wurde seinem letzten Willen gemäß in heimatlicher Erde an der
Seite seiner Mutter und Schwester aus dem alten Friedhofe in Kassel
zur letzten Ruhe bestattet.
Wenn es auch für das Hessenvolk, das auf eine vielhundert¬
jährige, ruhmreiche Geschichte zurückblickt, schmerzlich sein mußte,
seine Selbständigkeit verloren zu haben, so hat doch die landesväter¬
liche Regierung der Herrscher aus dem Hohenzollernhause diesen
Verlust verschmerzen lassen und dem Gefühle dankbarer Anerkennung
der Fortschritte, die das Land als Glied des größeren Staatswesens
gemacht hat, Raum verschafft.