Full text: Fünf Bücher deutscher Lieder und Gedichte

Sonett. (A. W. Schlegel.) 
Unkunde. 
Wie endigt Heut? und was wird Morgen bringen? 
Wer kann mir sagen, ob gestreute Saaten, 
Heilsam an sich, mir nicht zum Gift gerathen? 
Was fremder Willkühr mag an mir gelingen? 
Vergebens zeugt Erfahrung von den Dingen, 
Und zeichnet sorgsam auf der Vorwelt Thaten; 
Selbst Weisheit weiß untrüglich nicht zu rathen, 
Wo Kräfte blindlings durcheinander ringen. 
Den ew'gen Schlangenkreis, der uns umfahet, 
Könnt' überschauen nur des Schicksals Wächter; 
Uns schwindet Eines, wenn das Andre nahet. 
Die Zukunft steht als Sphinx in düstern Fernen, 
Und schlingt hinab so Menschen wie Geschlechter, 
Eh' ihre Räthsel sie zu lösen lernen. 
A. W. Schlegel. 
Zuversicht. 
Wie Heut sich end'gen wird, was Morgen bringen, 
Ich weiß es nicht; doch streu' ich gerne Saaten. 
Sie lasse Luft und Boden dann gerathen! 
Durch meine Trägheit soll es nicht mißlingen. 
Kenn' ich nur mich, was frag' ich nach den Dingen? 
In meiner Brust versteh' ich Andrer Thaten. 
Die Weisheit muß mir Maß und Stille rathen, 
Auf daß nicht blindlings meine Kräfte ringen. 
Den ew'gen Schlangenkreis, der uns umfahet, 
Zu uberschaun braucht · nur des Schichals Wächter; 
Wohlthätig schwindet Eins, wenn Andres nahet. 
Mag doch die Zukunft drohn aus düstern Fernen; 
Sucht euren Weg, verbrüderte Geschlechter! 
Der Himmel leuchtet ja mit seinen Sternen. 
A. W. Schlegel. 
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