Volltext: Auswahl deutscher Gedichte

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12. Dann faßt der schlaue Zecher du hieltest mir zum Munde 
den Grafen bei der Hand: das labende Getränk: 
„Du schwenktest mir den Becher du bist von dieser Stunde 
und fülltest ihn zum Rand, des deutschen Reiches Schenk.“ 
219. Löwenritt. Ferd. Freiligrath. 
1. Wüstenkönig ist der Löwe, will er sein Gebiet durchfliegen, 
wandelt er nach der Lagune, in dem hohen Schilf zu liegen. 
Wo Gazellen und Giraffen trinken, kauert er im Rohre, 
zitternd über dem Gewalt'gen rauscht das Laub der Sykomore. 
2. Abends, wenn die hellen Feuer glühn im Hottentottenkraale, 
wenn des jähen Tafelberges bunte, wechselnde Signale 
nicht mehr glänzen, wenn der Kaffer einsam schweift durch die Karood, 
wenn im Busch die Antilope schlummert und am Strom das Gnu: 
3. Siehl dann schreitet majestätisch durch die Wüste die Giraffe, 
daß mit der Lagune trüben Fluten sie die heiße, schlaffe 
Zunge kühle; lechzend eilt sie durch der Wüste nackte Strecken, 
knieend schlürft sie langen Halses aus dem schlammgefüllten Becken. 
4. Plötzlich regt es sich im Rohre; mit Gebrüll auf ihren Nacken 
springt der Löwe; welch' ein Reitpferd! Sah man reichere Schabracken 
in den Marstallkammern einer königlichen Hofburg liegen, 
als das bunte Fell des Renners, den der Tiere Fürst bestiegen? 
5. In die Muskeln des Genickes schlägt er gierig seine Zähne, 
um den Bug des Riesenpferdes weht des Reiters gelbe Mähne; 
mit dem dumpfen Schrei des Schmerzes springt es auf und flieht gepeinigt, 
sieh! wie Schnelle des Kameles es mit Vardelhaut vereinigt! 
6. Sieh! die mondbestrahlte Fläche schlägt es mit den leichten Füßen! 
Starr aus ihrer Höhlung treten seine Augen; rieselnd fließen 
an dem braungefleckten Halse nieder schwarzen Blutes Tropfen, 
und das Herz des flücht'gen Tieres hört die stille Wüste klopfen. 
7. Ihrem Zuge folgt der Geier, krächzend schwirrt er durch die Lüfte; 
ihrer Spur folgt die Hyäne, die Entweiherin der Grüfte; 
folgt der Panther, der des Kaplands Hürden räuberisch verheerte; 
Blut und Schweiß bezeichnen ihres Königs grausenvolle Fährte. 
8. Zagend auf lebend gem Throne sehn sie den Gebieter sitzen, 
und mit scharfer Klaue seines Sitzes bunte Polster ritzen; 
rasllos, bis die Kraft ihr schwindet, muß ihn die Giraffe tragen; 
gegen einen solchen Reiter hilft kein Bäumen und kein Schlagen. 
9. Taumelnd an der Wüste Saume stürzt sie hin und röchelt leise, 
tot, bedeckt mit Staub und Schaume, wird das Roß des Reiters Speise 
Über Madagaskar, fern im Osten, sieht man Frühlicht glänzen; — 
so durchsprengt der Tiere König nächtlich seines Reiches Grenzen. 
220. Die nächtliche Heerschau. J. Chr. v. Zedlitz. 
1. Nachts um die zwölfte Stunde macht mit der Trommel die Runde 
verläßt der Tambour sein Grab, e r
	        
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