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und ber heiligen Schrift.
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die Gunst der großen und Mächtigen verschmähet er, und
scheuet sich nicht, den Haß der Schrrftgelehrten und Phar
risäer, dieser schamlosen Heuchler und Verführer, auf
sich zu laden, indem er laut ihre Scheinheiligkeit und ihre
Gewinnsucht rügt, und das Wehe über sie ausruft. Er
siehet es vorher, daß er in kurzer Zeit ein Opfer dieses
unversöhnlichen Hasses werden müsse; aber sein frommes
und menschenfreundliches Herz kann nicht die Wahrheit
aus Menfchenfurcht verleugnen oder verschweigen, und seine
Seele ist stark genug, um der Wahrheit willen alle Lei-
den der Erde, und selbst den Tod zu erdulden. Bald
genug bricht der Groll der Schriftgelehrten und Phari¬
säer gegen ihn aus. Da sie es vergebens versuchen , ihn
durch Verleumdungen und durch Verdrehung und Mi߬
deutung seiner Aussprüche dem Volke verdächtig und vm
hasst zu machen, so wissen sie endlich mit der boshaftesten
Hinterlist, einen seiner vertrauten Jünger, den ZudaS
Z schar Loth, dessen Geldgciz sie kannten, dahin zu
bringen, daß er der Verräther seines Freundes und Lehr
rers wird. Obgleich Zesu diese Verrätherei nicht verborr
gen geblieben war, so entschließt er sich dennoch, als das
Osterfest herannaht, seinen Feinden.unter die Augen zu
treten, fest überzeugt, daß sie so lange , bis seine Stunde
gekommen sei, keine Macht über ihn haben werden. Mit
Weisheit und Liebe bemüht er sich, seine Jünger, besonr
dcrs den feurigen Petrus, auf das traurige Schicksal,
das ihm bevorstand, aufmerksam zu machen, und ihnen
das muthvolle Vertrauen zu Gott einzuflößen, daß rhn selbst
beseelte. (Joh. 14, 18 — 20. 28 — 31. Kap. 15, 12 13.
16 — 20. 31. 32.) Dann versammelte er sie am letzten
Abend seines Lebens, noch ein Mal um sich, und stiftete
ein Gedächtnißmahl seines Todes. Bei dem Anbruche
der Nacht geht er mir ihnen, indeß der Verräther- ihm,
ohne es zu glauben, den Untergang bereitet, hinaus
vor die . Stadt, und bei dem Meierhofe Gethsema¬
ne, auf dem Oelberge kämpft er mit den Schrekr
ken des Todes, und betet: „ists möglich, o Vater,
so gehe dieser Kelch vor mir vorüber, doch nicht mein
Wille, sondern dein Wille geschehe!" Mit bewunderns-
würdiger Seetenstarke geht er dann der Schaar entgegen,
die, vom Judas geführt, ihn in der Mitternächtsstunde
gefangen nehmen soll, und tritt unerschrokken, mit der