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7. Albrecht II.
Jetzt kehren wir zur Geschichte der Mark Meißen und ihrer Fürsten
zurück. Auf den erlauchten Heinrich folgte 1288 sein ältester Sohn
Albrecht, und mit diesem beginnt ein'"rechtIrüber Abschnitt unserer
vaterländischen Geschichte. Ihr hörtet früher, daß dieser Albrecht schon
lange vor seines Vaters Tode einen eigenen Länderteil bekommen habe,
daß er da sckon Landgraf in Thüringen und auf der Wartbura *u Lause
gewesen sei. Da störte nun böser Unfriede das Glück der fürstlichen
Familie. Er hatte nämlich die treffliche Tochter des Kaisers Friedrich II..
Margarete, aur Gemahlin und von dieser drei Söhne. Friedrich. Diek¬
mann und Heinrich. Den Kaiser Friedrich aber haßten der Papst und
die Geistlichen mit solcher Erbitterung, daß sie sogar alle seine Nach¬
kommen ins Verderben zu bringen trachteten, und wirklich ruhten sie
nicht eher, als bis die fromme Margarete die Wartburg verließ und
nach Frankfurt a. M. ging, wo sie vor Kummer bald starb. Daraus
haben die'Äeistlichen später ein wunderliches Märchen geschmiedet. Der
Landgraf, so erzählten sie. wünschte sich lieber mit der Kunigunde von
Eisenberg zu verheiraten, und suchte deshalb seine bisherige Gemahlin
aus dem Wege zu schaffen. Ein Eseltreiber, der täglich Wasser und Holz
auf die Wartburg brachte, sollte sie nachts in ihrem Schlafzimmer er¬
drosseln. Allein dem gedungenen Meuchelmörder schlug das Gewissen;
er entdeckte der Landgräfin den schändlichen Anschlag, und diese ließ sich
nun mitten in der Nacht an Seilen und Tüchern von der Wartburg hinab
und entfloh. Ehe sie jedoch die Flucht ergriff, nahm sie unter heißen Thrä¬
nen Abschied von ihren schlafenden Kindern und soll dabei im Übermaß
des Trennungsschmerzes den Ältesten, Friedrich, in die Wange gebissen
haben. Nun vermählte sich Abrecht mit jener Kunigunde, der Kinder der
Margarete aber nahm sich der brave Oheim, Dietrich von Landsberg, an
und ließ sie erziehen. — Diese ganze Geschichte ist nun freilich eine Er¬
findung, dennoch wurde sie so allgemein geglaubt, daß man dem Land¬
grafen ÄlbreM davon den Beinamen „der Unartige" gab*/Nur so viel
ist gewiß, daß es zwischen Albrecht un^ seinen Söhnen mancherlei Zwist
gab, aber die Söhne scheinen daran nicht weniger schuld gewesen zu sein
als der Vater. — Aus dieser Verwirrung meinte nun der damalige deutsche
Könia. Adolf von Nassau, für sich selbst Nutzen ziehen zu können, der
Mann also, der eigentlich solchem Unfuge am meisten hatte steuern
sollen. Er erklärte geradezu, die Söhne der Margarete könnten die
schönen Wettiner Länder gar nicht erben, denn sie stammten aus einem vom
Papste verfluchten Geschlechte, darum wolle er sie für sich selbst nehmen.
Natürlich ließen sich die Brüder, Friedrich und Diezmann — der dritte.
Heinrich, war indes gestorben —, diesen Raub ihres rechtmäßigen Erbteils
nicht gefallen, und fo entspann sich nun ein sechzehnjähriger Kampf,
der das arme Meißner- und Thüringerland furchtbar verwüstete. König
Mohr, Die Geschichte von Sachsen. 9. Aufl. 2