Full text: Bilder aus der alten, mittleren und neueren Geschichte (Theil 1, [Schülerband])

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geben. Allein der Böhmenkönig weigerte sich, Rudolf als seinen 
Herrn anzuerkennen. Er erschien daher weder vor Rudolf, wie es 
seine Pflicht gewesen wäre, noch gab er die widerrechtlich erwor⸗ 
benen Länder zurück. Da rückte Rudolf rasch mit Heeresmacht in 
Osterreich ein. Ottokar wurde von allen Seiten derart bedrängt, 
dass er den Widerstand aufgab. Er erschien in Rudolfs Lager vor 
Wien und empfieng kniend die Belehnung mit Böhmen und 
Mähren. Die übrigen Länder gab er Rudolf zurück. Bald 
jedoch bereute er seine Nachgiebigkeit und fieng neuerdings 
— Krieg an. Auf dem Marchfelde bei Wien kam es zur Ent— 
wercheide scheidungsschlacht, in welcher Ottokar besiegt wurde und fiel (1278). 
Seine Leiche wurde, mit vielen Wunden bedeckt, auf dem Schlacht— 
felde aufgefunden. Tieferschüttert betrachtete sie Rudolf; denn er 
ehrte seinen Gegner und bedauerte dessen Tod. 
Belehnung Albrechts. Nach dem glücklich errungenen 
Siege begab sich Rudolf nach Böhmen und belehnte Ottokars Sohn 
Wenzel mit Böhmen und Mähren. Die österreichischen Länder aber 
verlieh er mit Zustimmung der Fürsten seinem Sohne Albrecht 
(1283), wodurch er der Stifter des Habsburgischen Herrscher— 
hauses in Österreich wurde. Es find also jetzt über 600 Jahre, 
seit die Habsburger segensvoll in sterreich regieren. Im Jahre 
1291 verschied Rudolf im 73. Jahre seines Lebens und wurde 
seinem Wunsche gemäß zu Speier beigesetzt. 
Rudolf war als König eine volksthümliche Persönlichkeit. Schon seine 
äußere Erscheinung war schlicht und einfach. Er trug gewöhnlich ein graues 
Waus, das er sich in einem Kriege einst sogar selbst flickte. Er lebte einfach 
und mäßig. Vor seinen Kriegern wollte er nichts voraus haben. Als es seinem 
Heere einst an Lebensmitteln mangelte, zog er eine Rübe aus dem Felde und 
aß sie roh, worauf die Soldaten willig seinem Beispiele folgten. Im gewöhn— 
lichen Verkehre war er leutselig; besonders seine Rede erweckte Zutraulichkeit. 
Stets war er heiter und voll unverwüstlicher Laune, immer Freund eines treffenden 
Wortes oder Scherzes. Dabei ließ er es aber nie an Ernst und Ausdauer in 
seinen Unternehmuugen fehlen. Den Bedrückten war er stets ein warmer Freund. 
Selbst der Geringste fand bei ihm für seine Klage ein offenes Ohr. Als seine 
Höflinge einst arme Leute, die eine Klage vorzubringen hatten, nicht vor— 
lassen wollten, tadelte er sie hart und sagte: „Lasst diese Leute doch zu mir! 
Ich bin gewiss nicht dazu König geworden, um mich einzuschließen.“ Seine 
Gerechtigkeitsliebe war so bekannt, dass ein Fürst ihn das lebendige Gesetz 
nannte, und dass lange im deutschen Volke gegen Wortbrüchige das Sprichwort 
olieb: „Der hat Rudolfs Redlichkeit nicht.“ 
Rudolfs Tod.
	        
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