Der Deutsch - Französische Krieg 1870—1871.
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Regierung und dem stürmischen Beifall, den sie in der Kammer ge-
funden hatten, die Mobilmachung an. Am 19. Juli trat der
Reichstag des Norddeutschen Bundes zusammen. „Hat Deutsch-
land", so hieß es in der vom König verlesenen Thronrede, „Vergewalti-
gungen seines Rechts und seiner Ehre in früheren Jahrhunderten
schweigend ertragen, so ertrug es sie nur, weil es in seiner Zerrissenheit
nicht wußte, wie stark es war." „Wir werden nach dem Beispiel unserer
Väter für unsere Freiheit und für unser Recht gegen die Gewalttat
fremder Eroberer kämpfen, und in diesem Kampfe wird Gott mit uns
sein, wie er mit unseren Vätern war." Dem versammelten Reichstage
teilte der Bundeskanzler mit, daß eben die französische Kriegs- Klärung
erklärung eingelaufen sei. Die Geldforderungen der Regierung 19- Juli
wurden sofort bewilligt.
Am 19. Juli, dem Todestage seiner verewigten Mutter, der Königin
Luise, erneuerte König Wilhelm für die Dauer dieses Krieges den Orden
des Eisernen Kreuzes. Gleichzeitig befahlen die s ü d d e u t -
s ch e n F ü r st e n die Mobilmachung ihrer Truppen und unterstellten
sie den Verträgen getreu, dem Oberbefehl des Königs von Preußen.
Nun hieß es: Alldeutschland in Frankreich hmeittX"
61. Der Aufmarsch der Armeen. Die französische Feld-
a r m e e betrug etwa 350 000 Mann. Sie war dadurch innerlich von
den deutschen Truppen unterschieden, daß in Frankreich der Grundsatz/
der Stellvertretung, also nicht die allgemeine Wehrpflicht galt; die
Besitzenden pflegten sich loszukaufen und hielten sich von der Armee
fern. Mit großer Schnelligkeit wurden die Truppen nach der Grenze
gesandt und waren dort versammelt, ehe die deutschen Heere heran-
gekommen waren; aber obwohl der Kriegsminister Leboeuf in der
Kammer auf die Frage nach der Kriegsbereitschaft geantwortet hatte:
„Nous sommes archiprets", Herrschte die größte Unordnung, die Ver?. ./
pflegung war ungenügend, so daß die Mannschaften teilweise Hunger
litten, und die Ausrüstung war keineswegs vollendet. Die französische
Armee wurde von dem Kaiser Napoleon selbst befehligt, obwohl er
krank war; in Paris führte indessen die Kaiserin Enge nie die Re-
gentschaft. Die französische Kriegsleitung hatte den Plan gehabt. Kriegsplan
schnell über den Rhein in die Mainlande einzudringen; wenn man Hier
einige Erfolge erzielt Hätte, Hoffte man, daß Österreich und Italien
ebenfalls den Krieg erklären, daß die süddeutschen Staaten sich Frank-
reich anschließen, ja, daß in den 1866 annektierten norddeutschen Ge-