Full text: Angewandte Geschichte

Wirtschaftliche Kämpfe und Handelspolitik. 
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3. Aus der Zahl dieser Territorien wuchsen einige im 
15.—18. Jahrhundert unter tatkräftigen Fürsten zu Groß- 
staaten aus, welche scharf gegen einander abgeschlossene 
Wirtschaftsgebiete bildeten und blutige Handelskriege unter 
einander führten. Eine Zeitlang schien es, als sollten diese 
aus ganz nationaler Grundlage stehen: Portugal, Spanien, 
Frankreich, England, Brandenburg-Preußen. Aber das 
dynastische Interesse überwucherte den Nationalismus, und 
es wurden unbedenklich die verschiedensten Völkersplitter unter 
einem Szepter vereinigt. Jeder Staat sah in dem anderen 
seinen wirtschaftlichen Gegner, und die meisten strebten nach 
einer Weltherrschaft. 
4. Als die Opposition gegen die absolute Monarchie und 
gegen den drückenden Zwang des Merkantilsystems immer 
größer wurde, da wollte die Freihandelsbewegung alle 
Schranken beseitigen und die ganze Menschheit, alle Länder 
zu einem einzigen großen Wirtschaftsgebiet zusammenfassen. 
5. Die neueste Zeit hat die dynastischen Interessen zurück- 
gedrängt und dem Volke größere Rechte und Selbstbestimmung 
gebracht; sie zeichnet sich aus durch das stark ausgeprägte 
Nationalbewußtsein. Wir dürfen uns die Augen nicht 
davor verschließen, daß das Streben dahin geht, politisch 
und wirtschaftlich geschlossene nationale Einheiten 
zu bilden. 
Wir sind heute weiter als je von dem allgemeinen Völkerfrieden 
entfernt. Zwischen den Staaten und Völkern wird sortwährend ein 
handelspolitischer Kamps geführt; der eine Staat sucht den anderen 
zu übervorteilen und zu überlisten; die Handelsverträge sind nur 
Waffenstillstände. 
In diesem Ringen können nur die wenigen großen Kultur¬ 
nationen sich neben einander behaupten. Zwar suchen die kleinen sich 
mit allen möglichen Mitteln zur Wehr zu setzen; z. B. haben die Iren, 
die Tschechen und Polen wiederholt den Boykott als Waffe gebraucht. 
Aber unverkennbar geht die Entwicklung unserer Zeit dahin, daß unter 
der Führung weniger großen Nationen sich einige wirtschaftliche 
Riefengebiete bilden, welche imstande sind, sich völlig unabhängig zu 
machen und innerhalb ihrer Grenzen alle Bedürfnisse an Rohstoffen, 
Bodenerzeugnissen und Fabrikaten auszutauschen (,Autarkie'): 
Rußland mit den gewaltigen asiatischen Gebieten; 
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika;
	        
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