Full text: Angewandte Geschichte

Die Entartung der Nobilität und die sozialen Kämpfe. 
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werke immer zahlreicher, die Zimmer immer kleiner. Die Hauptstraßen 
waren so eng, daß später aller Wagenverkehr verboten werden mußte. 
Dazu kam das steigende Bedürfnis der Reichen, sich mitten in der 
Stadt große, prunkvolle Paläste zu bauen. Ganze Häuserviertel, in 
denen Hunderte von Familien gewohnt hatten, verschwanden, um einem 
Palast Raum zu schaffen. 
Es entwickelte sich ein entsetzlicher Baustellen- und Häuserwucher. 
Die Reichen konnten ihr Geld nicht gewinnbringender anlegen, als in 
städtischen Grundstücken und Häusern. 
c) Die schlimmste Erscheinung in dem antiken Rom ist wohl darin 
zu sehen, daß trotz der ins Ungeheure wachsenden Bevölkerung die 
Arbeitsgelegenheit abnahm. Freilich sollte man meinen, daß bei 
der großen Bautätigkeit doch zahlreiche Erdarbeiter, Maurer, Stein- 
metzert, Zimmerleute, Dachdecker und sür die Ausstattung Schreiner, 
Anstreicher, Maler lohnende Beschäftigung gesunden hätten, weiterhin 
indirekt Bäcker, Fleischer, Schneider, Schuster. Aber in der Hauptstadt 
verdrängten, wie aus dem platten Land, die Sklaven immer mehr die 
freie Arbeit. Die großen Unternehmer gewöhnten sich daran, für ihre 
Bauten Eigenwirtschaft einzurichten und alles durch ihre Sklaven be¬ 
sorgen zu lassen. Auch wurde es mehr und mehr Sitte, daß die reichen 
Herren sür ihren kostspieligen Haushalt in ihren Palästen ganze Sklaven- 
und Bedientenschwärme besaßen, unter die alle vorkommenden Arbeiten 
verteilt waren; da man für alle Geschäfte, Handwerke und Künste eigene 
Sklaven besaß, bedurfte man der freien Arbeiter und selbständigen Hand- 
werker nicht. 
3> Das Heer: 
Bürger, Bauer, Krieger: Diese Dreieinheit hatte das römische 
Reich geschaffen; seine Kraft und Stärke ruhte auf der strengen Dis¬ 
ziplin eines waffentüchtigen, für den eigenen Herd und Hof kämpfenden 
Bauernvolkes. Welch ein Umschwung trat im 2. Jahrhundert v. Chr. ein! 
Schon während des langen II. Punischen Krieges waren viele 
Bauern dem Pflug und Ackerbau entfremdet Als nun nach dem 
Friedensschluß nichts geschah, um den Bauernstand wieder zu verjüngen 
und zu kräftigen, vielmehr sofort neue auswärtige Kriege unternommen 
wurden; als zudem die Kriege großen Gewinn in Aussicht stellten, 
während der mühselige Ackerbau nicht den nötigsten Unterhalt verschaffte: 
da wurde sür viele Bürger der Krieg ein lohnendes Handwerk. 
Verhängnisvoll war besonders der Krieg in Asten, der Syrische 
Krieg (192—189). Da wetteiferten Feldherren und Soldaten in 
Beutegier und Zuchtlostgkeit: 
Wolf, Angewandte Geschichte. . 5
	        
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