Die Entartung der Nobilität und die sozialen Kämpfe.
65
werke immer zahlreicher, die Zimmer immer kleiner. Die Hauptstraßen
waren so eng, daß später aller Wagenverkehr verboten werden mußte.
Dazu kam das steigende Bedürfnis der Reichen, sich mitten in der
Stadt große, prunkvolle Paläste zu bauen. Ganze Häuserviertel, in
denen Hunderte von Familien gewohnt hatten, verschwanden, um einem
Palast Raum zu schaffen.
Es entwickelte sich ein entsetzlicher Baustellen- und Häuserwucher.
Die Reichen konnten ihr Geld nicht gewinnbringender anlegen, als in
städtischen Grundstücken und Häusern.
c) Die schlimmste Erscheinung in dem antiken Rom ist wohl darin
zu sehen, daß trotz der ins Ungeheure wachsenden Bevölkerung die
Arbeitsgelegenheit abnahm. Freilich sollte man meinen, daß bei
der großen Bautätigkeit doch zahlreiche Erdarbeiter, Maurer, Stein-
metzert, Zimmerleute, Dachdecker und sür die Ausstattung Schreiner,
Anstreicher, Maler lohnende Beschäftigung gesunden hätten, weiterhin
indirekt Bäcker, Fleischer, Schneider, Schuster. Aber in der Hauptstadt
verdrängten, wie aus dem platten Land, die Sklaven immer mehr die
freie Arbeit. Die großen Unternehmer gewöhnten sich daran, für ihre
Bauten Eigenwirtschaft einzurichten und alles durch ihre Sklaven be¬
sorgen zu lassen. Auch wurde es mehr und mehr Sitte, daß die reichen
Herren sür ihren kostspieligen Haushalt in ihren Palästen ganze Sklaven-
und Bedientenschwärme besaßen, unter die alle vorkommenden Arbeiten
verteilt waren; da man für alle Geschäfte, Handwerke und Künste eigene
Sklaven besaß, bedurfte man der freien Arbeiter und selbständigen Hand-
werker nicht.
3> Das Heer:
Bürger, Bauer, Krieger: Diese Dreieinheit hatte das römische
Reich geschaffen; seine Kraft und Stärke ruhte auf der strengen Dis¬
ziplin eines waffentüchtigen, für den eigenen Herd und Hof kämpfenden
Bauernvolkes. Welch ein Umschwung trat im 2. Jahrhundert v. Chr. ein!
Schon während des langen II. Punischen Krieges waren viele
Bauern dem Pflug und Ackerbau entfremdet Als nun nach dem
Friedensschluß nichts geschah, um den Bauernstand wieder zu verjüngen
und zu kräftigen, vielmehr sofort neue auswärtige Kriege unternommen
wurden; als zudem die Kriege großen Gewinn in Aussicht stellten,
während der mühselige Ackerbau nicht den nötigsten Unterhalt verschaffte:
da wurde sür viele Bürger der Krieg ein lohnendes Handwerk.
Verhängnisvoll war besonders der Krieg in Asten, der Syrische
Krieg (192—189). Da wetteiferten Feldherren und Soldaten in
Beutegier und Zuchtlostgkeit:
Wolf, Angewandte Geschichte. . 5