Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte (Teil 6)

I. Zeitalter der Entstehung und Entwicklung der Großmächte. 17. u. 18. Jahrh. 3 
§ 1. Richelieu und Mazarin. Am Ende des 16. Jahrhunderts war 
die Macht des Königs von Frankreich noch keine unbeschränkte; wesent- 
liche Rechte der obersten Staatsgewalt lagen in den Händen der General- 
stände (Etats generaux), einer Vertretung der Geistlichkeit, des Adels und 
des Bürgertums, und der Parlamente, d. h. der obersten Gerichtshöfe.*) 
Die Parlamente behaupteten, daß königliche Erlasse erst durch die Ein- 
tragung in ihre Register Gesetzeskraft erhielten, und übten damit tatsächlich 
das Recht der Steuerverweigerung aus. Überdies genoß der große Adel 
noch das Vorrecht des bewaffneten Widerstandes gegen Befehle des Königs, 
er hatte seine Selbständigkeit in den Religionskämpfen befestigt. Das 
Recht des Widerstandes hatte das Edikt von Nantes auch den Huge¬ 
notten eingeräumt, indem es ihnen die Besetzung mehrerer fester Plätze 
zugestand. 
Im Kampfe gegen diese Kräfte ist die Monarchie geschaffen worden, 
sie war die Vertreterin der Einheit der Staatsgewalt. 
1. Richelieu. Ihr vornehmster Begründer ist der Kardinal Richelieu, 
Frankreichs größter Staatsmann im 17. Jahrhundert. Armand du Plessis, 
Herzog von Richelieu (geboren 1585), Bischof von Lucon und Kardinal, 
wurde im Jahre 1624 von Ludwig XIII., dem Sohne Heinrichs IV., zum 
ersten Minister berufen. Er hielt zwei Ziele fest im Auge: im Innern 
jeden Widerstand gegen die volle Entfaltung der königlichen 
Gewalt zu brechen, nach außen Frankreichs Macht auf Kosten 
des Hauses Habsburg zu vergrößern. Diese Politik brachte den 
scheinbaren Widerspruch in seiner Regierung mit sich, daß er den Pro- 
testantismus außerhalb Frankreichs unterstützte, im eigenen Lande da- 
gegen seiner politischen Vorrechte entkleidete. 
Richelieu hat die Generalstände niemals berufen und die politischen 
Ansprüche der Parlamente zurückgewiesen. In schweren Kämpfen hat er 
den Adel niedergeworfen, obwohl die Königinmutter und der Bruder 
des Königs auf deffen Seite standen, ja nach dem Siege mehrere seiner 
vornehmsten Mitglieder auf das Schafott geschickt. Eine Empörung der 
Hugenotten im Bunde mit England gab ihm endlich Gelegenheit, ihnen 
ihre festen Plätze, darunter La Rochelle, zu entreißen und ihre politische 
Sonderstellung zu beseitigen. Ihre Religionsfreiheit tastete er nicht an. 
Gleichzeitig trat er in den Niederlanden, Italien (besonders im 
Mantuanischen Erbfolgestreit) und Deutschland der Habsburgischen 
Macht entgegen. Mit Gustav Adolf schloß er den Vertrag zu Bärwalde 
und zahlte seitdem den Schweden Subsidien. 1635 begann er den großen 
Krieg gegen Spanien. 
*) Die Stellen an diesen Parlamenten waren erblich und käuflich, und es 
bildete sich allmählich aus dem Kreise der Familien, deren Mitglieder sie zu besetzen 
pflegten, ein Parlamentsadel heraus (Noblesse de rode).
	        
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