Heinrich IV. 1056—1106.
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feit Otto bem Großen nicht nur Kirchenbeamte, fonbern auch Reichsbeamte.
So entstand zwischen Königtum und Papsttum einer der gewaltigsten Kämpfe,
bie das Mittelalter kennt, der I n v e st i t u r st r e i t.
Gregor begann damit, daß er zu Anfang des Jahres 1076 einige Räte
Heinrichs IV. mit bem Banne belegte, ba sie Simonie übten. Da versammelte
ber erzürnte König die deutschen Bischöfe zu einer Synode in Worms undmrnm
ließ durch sie den Papst für abgefetzt erklären. Der Brief, in dem er dies P-Pstes.
Gregor mitteilte, endete mit den Worten: „Ich Heinrich, von Gottes Gnaden
König, sage dir mit allen unsern Bischöfen: Steig herab, steig herab!"
Darauf antwortete der Papst, inbem er über Heinrich ben Bann verhängte,sprich
ihn feiner königlichen Würden verlustig erklärte und feine Untertanen des
Treueides entband. Und dieser Schritt übte eine furchtbare Wirkung aus:
die Herzöge von Bayern und Schwaben sowie die Sachsen sielen wieder von
dem Könige ab. Heinrichs Anhang wurde immer geringer; die Abtrünnigen
aber luden den Papst selbst ein, über die Alpen zu kommen und zu Augsburg
in ihrem Streit mit dem König die Entscheidung zu fällen.
Da faßte dieser einen reifchen Entschluß, um des einen seiner Gegner
ledig zu werden; er überwand sich soweit, vor der Kirche sich zu demütigen,
um den Fürsten jeden Vorwand zum Abfall zu benehmen. Im Winter begab
er sich, von feiner treuen Gemahlin Bertha begleitet, über die Wesialpen nach
Oberitalien. Der Papst, der sich bereits auf der Reife nach Deutschland be-
fand, eilte erschreckt nach der Burg Canossa, die seiner Freundin, ber
Markgräfin Mathilde von Tuscien gehörte. Dorthin kam auch Hein- 3«
rich, nicht als Angreifer, fondern um barfuß und im Büßergewande die Ver-
gebung der Kirche zu erflehen, und erreichte so, daß ihn der Papst vom Banne
löste und ihm das Abendmahl reichte.
Trotzbem wählten die Fürsten einen Gegenkönig, Rudolf von Rudolf
Schwaben; und dieser erhielt bald den Beistand Gregors VII., der Heinrich Schwaben,
von neuem mit dem Banne belegte. Zwischen Rudolf und Heinrich, der
nach Deutfchlanb zurückgekehrt war, entstanb ein Bürgerkrieg, ber mit
maßlosen Greueln besonders Schwaben heimgesucht hat. Der bedeutendste
Führer der Aufständischen war Otto von Nordheim. Heinrich dagegen
fand eine kräftige Stütze an Friedrich von Büren, dem Stammvater
der Hohenstaufen, dem er auch das Herzogtum Schwaben verlieh und später
seine Tochter zur Gattin gab. Der Krieg wurde im Jahre 1080 durch die
Schlacht bei Hohenmölsen in der Gegend von Merseburg entschieden;
dort siegten zwar die Aufständischen; aber Rudolf verlor im Kampfe die rechte
Hand und starb.