nehmlich infolge eines Streites zwischen den Gesandten Ottokars und denen
des Herzogs von Bayern. Jene protestierten gegen die Beteiligung dieser an
der Wahl, weil Heinrich von Bayern zur Siebenzahl der Kurfürsten nicht
gehöre. Die übrigen sechs aber wiesen Böhmens Widerspruch zurück und
schlössen vielmehr Ottokars Gesandte aus/) Darauf beriet man sich über
die Erteilung von Willebriefen, „Zustimmungsurkunden der Kurfürsten
zu gewissen Maßnahmen des Königs, besonders zu Vergebungen von Reichs-
gut." Man schuf damit nichts durchaus Neues, da schon früher die Könige
die Verfügung über Reichsgut zumeist von der Zustimmung der Fürsten
abhängig gemacht hatten; indem man aber zu Frankfurt eine regelmäßige
Erteilung durch die Kurfürsten verabredete, fügte man gewissermaßen eine
neue Regierungssorm in die Verfassung des Reiches ein.2) Die Kursürsten
traten durch das von ihnen beanspruchte Recht, durch Willebriefe des Königs
Selbständigkeit zu beschränken, aus dem Kreise der anderen Fürsten heraus
und wurden zu „einem Mittelglieds zwischen dem König und dem übrigen
Reich." Nach Erledigung dieser Fragen wurde am 1. Oktober das Wahl-
geschäft vollzogen. Mit Vollmacht der anderen Kurfürsten und der bayrischen
Gesandten^) proklamierte Ludwig von der Pfalz den Grafen Rudolf
von Habsburg als König. Dieser war nach Auflösung seines Heeres als-
bald von Basel aufgebrochen und hielt sich bereis in Dieburg bei Frankfurt
auf, um dort das Resultat der Wahl zu erwarten/) Am Tage nach der-
selben5) zog er von Fürsten und Herren geleitet in Frankfurt ein und nahm
nach einer feierlichen Meffe die Huldigung der Anwesenden entgegen, denen
er ihre Lehen bestätigtes) Dem Papste gab er noch von Frankfurt aus Nach-
chronik a. a. O. Kap. 4. (S. 285 flg.). Der Kölner allein war nach der Sachsenchronik
mit 1200 Rittern und 800 Knappen erschienen. Vgl. auch Chron. Golm. 243.
l) Wir sind durch die Urkunde Rudolfs v. 15. Mai 1275 über den Gang der
Verhandlungen unterrichtet (Wittmann 1. c, I, 278, Emier I, no. 962); vgl. Lorenz,
Die siebente Kurstimme bei Rudolfs Wahl. Abh. der Wiener Akad. d. W. XVH, 175slg.
und Muffat, Geschichte der bayrischen Kur seit der Mitte des 13. Jahrh., Abh. der bayr.
Akad. 1869. XI, 239 flg., sowie Haruack, Das Kurfürstenkollegium bis zur Mitte des
14. Jahrh. Gießen 1883, S. 58 flg., 262 flg. Grund der Ausschließung war die feind-
liche Stellnng, die Ottokar der Wahl Rudolfs gegenüber einnahm. 2) v. d. Ropp, 82 flg.
gegen Lorenz I, 415. Vgl. ferner Lamprecht, Die Entstehung der Willebriefe und
die ReVindikation des Reichsgutes unter Rudolf von Habsburg (Forfch, z. d. G. 21,
1 — 19), Ficker, Fürstliche Willebriefe und Mitbesiegelungen (Mitteil, des Inst, für
Österreich. Geschichtsforschung III, 1 — 62) und Lamprechts Erwiderung in Forsch.
23, 63—116: Zur Vorgeschichte des Konsensrechtes der Kurfürsten. _ 3) Joh. Victor.
(Böhmer F. I, 301): Pronunciationis verbum in ore statuunt Palatini, qui surgens
inquit: In nomine sancte et individue trinitatis, consensu omniurn electorum
inmeposito, pronuntio ac eligo Rudolfum comitem de Habespurg in regem ac
patricium Romanum. Vgl. Heinr. Heimburg. Ann. (SS. XVII, 715). Der erste Okto¬
ber als Wahltag ist gesichert durch die Untersuchungen von v. d. Ropp 80, A. 3. 4) Uber
Rudolfs Reife und den festlichen Empfang, den ihm die Städte, wohin der Ruf seiner
bevorstehenden Wahl gedrungen war, bereiteten, siehe Chron. Golm. (XVII, 243).
5) Sachsenchronik 285 flg.: In sente Remigius tage (1. Okt.) koren die forsten in
eintrechticlichin. Des andern tages wart her wol entphangen von allen forsten
nach königlicher ere. 6) Herrn. Altah. Ann. (XVII, 408) berichten, daß die Fürsten
den Treueid zu leisten sich geweigert, weil Rudolf das Scepter des Reichs noch nicht
erhalten habe. Da habe dieser das Kreuz genommen und an Seepters statt verwendet.
Die Reichsinsignien wurden Rudolf erst am 16. Okt. auf dem Wege nach Aachen, in
Boppard, übergeben. Fortsetzung der Sachsenchronik 286. Übrigens verlegen andere
Quellen den Vorgang nicht nach Frankfurt, fondern nach Aachen; vgl. Lichnowsky I,
104. Kopp I, 26. Lorenz I, 431.