bürgerten sich jetzt auch die gymnastischen und musischen Uebungen und 
Wettspiele ein, namentlich aber die Philosophie, besonders die stoische und 
epikureische. An den herkömmlichen lateinischen Elementarunter¬ 
richt schloss sich jetzt in den oberen Gesellschaftskreisen regelmässig ein 
höherer griechischer Unterricht an, den die Jünglinge teils in Rom 
bei griechischen Privat- oder Hauslehrern, teils in den Bildungsstätten Griechen¬ 
lands und Asiens genossen, weiterhin aber auch ein höherer lateinischer 
Unterricht, der auf Einführung in das Verständnis und den Vortrag der 
lateinischen Litteraturwerke und auf kunstmässige Redeübungen gerichtet 
war, zuerst noch in der freieren Form der Unterweisung strebsamer Jüng¬ 
linge durch einen älteren Freund, bald aber in schulmässiger Weise durch 
bezahlte Lehrer erteilt wurde und in der Art des Betriebs ganz unter dem 
Einfluss der griechischen Grammatik und Rhetorik stand. Die griechischen 
Lehrmeister dieser neuen kosmopolitischen Bildung (humanitas) waren meist 
Sklaven, die lateinischen Freigelassene. Von Staats wegen wurde die neue 
Bildung in Rom durch den Senat früher bekämpft, nachher geduldet, erst 
durch Cäsar gefördert (Erteilung des Bürgerrechts an alle Lehrer freier 
Wissenschaften in Rom, beabsichtigte Gründung einer öffentlichen griechischen 
und lateinischen Bibliothek unter Vorstandschaft des M. Varro). 
Für die Litt era tur, die nach wie vor unter griechischem Einfluss 
steht und in der Zeit Ciceros in ihr goldenes Zeitalter eintritt, ist 
charakteristisch die Ausbildung des klassischen prosaischen Stils, die über¬ 
wiegende Pflege der im politischen Leben wirksamen Gattungen und die Ein¬ 
wirkung der politischen Anschauungen auch auf die anderen Gebiete, über¬ 
haupt die Rücksicht auf den unmittelbar praktischen Erfolg der Schriften. 
Die Schriftstellerei wurde eine Modeliebhaberei. Die Entwickelung des Buch- 
h a n d e 1 s förderte in Ciceros Zeit besonders der selbst auch schriftstellerisch 
thätige T. Pomponius Atticus (109—32; vgl. S. 183), der durch seine 
Sklaven die Schriften zum Verkauf vervielfältigen liess. 
Zu kunstmässigen Gattungen des Dramas wurden aus volkstümlichen 
Aufführungen die A tell a na (nach der oskischen Stadt Atella, dem „römi¬ 
schen Schilda“ genannt), der gewisse stehende hanswurstartige Figuren und 
derbe Vorführung einzelner Stände und Begebenheiten, namentlich des länd¬ 
lichen Lebens, in häufiger Wiederholung eigentümlich waren, und der Mimus, 
dessen Hauptzweck gleichfalls Sittenmalerei des Volkslebens, namentlich des 
hauptstädtischen, war, ein Gebärdenspiel mit Tanz und Rede, bei dem auch 
Frauen mitwirkten. Epische Dichtungen schrieb u. a. Cicero, der sich 
selbst verherrlichte (de consulatu meo; de temporibus tneis 55); das weitaus 
bedeutendste Werk der epischen Gattung war das uns erhaltene Lehrgedicht 
de rerum natura des T. Lucretius Carus (98—55), der mit Begeisterung 
und dichterischer Befähigung, unter ernstem Ringen mit der Sprache und 
dem spröden Stoff, die epikureische Philosophie behandelt und ihre Geist und 
Gemüt befreiende Wirkung preist (vgl. § 57). Der bedeutendste Lyriker 
Roms ist C. Valerius Catullus aus Verona (87—54), der in der Form 
und vielfach im Stoff von den damals besonders beliebten alexandrinischen 
Dichtungen abhängig in seinen Liedern Lust und Leid seiner Liebe zu Lesbia 
(wahrscheinlich Clodia, die geistreiche aber sittenlose, mit Metellus Nepos 
vermählte Schwester des Tribunen) und in beissenden Spottgedichten seinen 
Hass gegen Cäsar und namentlich dessen Günstling Mamurra ausspricht. 
M. Terentius Varro aus Reäte 116—27 (S. 300; 43 proskribiert aber ge¬ 
rettet) behaudelte vom Standpunkt des alten Römertums, dem neuen Zeitgeist 
abgeneigt, philosophische Fragen und Zeitverhältnisse in den verlorenen 150 
Büchern satirae Menippeae, denen willkürliche Form (Mischung von Versen und 
Prosa, von Lateinisch und Griechisch, wechselnde Metra) und lockerer Zu¬ 
sammenhang eigentümlich waren,
	        
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