— 173 —
Schichten des Volkes der Geist der Selbständigkeit regte, wurden be-
sonders die Städte von diesem Streben ergriffen. Es wurden zum
Schutze gegen Unterdrückungen Bündnisse geschlossen, welche bald eine
politische Bedeutung gewannen. Neben dem Handel trat von nun an
immer bedeutender das Gewerbe hervor: neben die Gilden der Kausleute
stellten sich die Zünfte der Handwerker. Durch die steigende Zahl der
Pfahlbürger hob sich die Macht und der Reichtum der Städte; aber da
sich die Pfahlbürger durch Aufnahme in die städtische Gemeinde der
Gerichtsbarkeit ihres Territorialherrn entzogen, so ergaben sich daraus
häufige Zwistigkeiten mit den Fürsten. Adolf von Nassau gestattete
zuerst den Städten, welche ihn im Kampfe mit den rheinischen Kur-
fürsten unterstützt hatten, das Pfahlbürgertum. In die Regierungszeit
Ludwigs des Bayern, welcher die Städte begünstigte und sich ihrer Bei-
Hilfe in den Kriegen bediente, fällt der Kampf der in den Zünften ver-
tretenen plebejischen Elemente gegen die an Zahl schwächeren Patricier-
geschlechter, welche bis dahin die städtische Verwaltung ausschließlich
leiteten. Die Zünfte siegen, obwohl in manchen Städten (Köln) erst
nach langem Kampfe. Dadurch wird die Macht der Städte außer-
ordentlich gehoben und ihre Verwaltung besser geordnet Stolz und
selbstbewußt nehmen sie jetzt gegen die Fürsten eine drohende Stellung
ein. Karl IV. nimmt Partei für die Fürsten und verbietet in der
Goldenen Bulle die Städtebündnisse; sein Sohn Wenzel sieht der gefähr-
liehen Bewegung fast untätig zu. Adel und Fürsten auf der einen Seite
und die Städte auf der andern beginnen zu rüsten. Es bilden sich der
schwäbische und der rheinische Städtebund (1247).
Bei diesen Bündnissen war es bald nicht mehr auf bloße Verteidigung,
sondern auf eine vollständige Umgestaltung der Reichsverfassung im demo-
kratischen Sinne und auf Beseitigung der so sehr gestiegenen Fürstenmacht
abgesehen. Daher knüpfte man Verbindungen mit den Schweizer Bauern,
mit der Hansa, zuletzt mit König Wenzel an. Indes die Schweizer und
die Hansa leisteten keinen tätigen Beistand. König Wenzel, obwohl anfangs
den Städten geneigt, erließ bald Bestimmungen zur Aufrechterhaltung des
Landfriedens. Da die Städte sich daran nicht kehrten, so gaben endlich
die Fürsten nach und vereinigten sich in der Heidelberger Stallung
(1384) mit den Städten zur Beobachtung des Landsriedens, indem sie
versprachen, ihre Vasallen von jeder Schädigung der Städte abzuhalten,
wogegen die Städte das Pfahlbürgertum ausgaben. Indes aufrichtig war
dieser Vertrag von beiden Seiten nicht gemeint.
Als der Herzog Leopold von Österreich von den Schweizern bei
Sempach besiegt wurde (1386), sahen die Städte dieses als einen Sieg