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Das französische Kaiserreich.
§72.
§ 72. Die Lage Europas nach dem Frieden zu Tilsit. Der Krieg
in Spanien. Das Ergebnis der jüngsten Kriege war, daß Napoleon
seine Stellung in Italien und in Deutschland gewaltig verstärkt, Öfter-
reich aus beiden Ländern hinausgedrängt, Preußen aus der Reihe der
Großmächte gestrichen und Deutschland unter seiner „Schirmherrschaft"
neugeordnet hatte. Deutschland bestand jetzt aus dem Rheinbunde, dem ver-
kleinerteu Österreich und Preußen. Rußlands Macht dagegen war trotz
der erlittenen Niederlagen noch ebensowenig gebrochen wie vorher. Der
Friede zu Tilsit bedeutete mehr eine Verständigung der beiden Kaiser über
die Teilung der Herrschaft auf dem Festlande als die Unterordnung des
einen unter den andern; er konnte nur so lange währen, als es beider
Vorteil entsprach, sich an die getroffenen Bestimmungen zu binden.
Englands Macht war dagegen stärker als vor Anfang des
Krieges; es hatte zur See keinen Gegner mehr; wie rücksichtslos es seine
Interessen zu wahren gedachte, erfuhr Dänemark. Als der Staat
aufgefordert worden war, der Festlandsperre beizutreten, legte sich eine
englische Flotte vor Kopenhagen, beschoß die Stadt und führte die dänischen
Kriegsschisse hinweg. Dänemark trat dem französischen Bündnisse bei.
Der Krieg zwischen den beiden großen Gegnern England und Na-
poleon zog sich nun in die Pyrenäenhalbinsel, die dank ihrer ungewöhnlich
großen Küstenentwicklung einer Seemacht die beste Gelegenheit dazu bot,
einen zu Lande kämpfenden Verbündeten in wirksamer Weise zu unterstützen.
Hier hinderte überdies die Schwierigkeit des Geländes und die eigentüm-
liche kriegerische Art seiner Bewohner die Napoleonischeu Heere daran,
die Stärke ihrer Kriegskunst, die darin bestand, durch rasche, vernichtende
Schläge eine schnelle Entscheidung herbeizuführen, zur Geltung zu bringen.
Im Herbst 1807 wandte Napoleon sein Interesse den Verhältnissen
aus der Pyrenäenhalbinsel zu. Er ließ in Portugal, das der
Festlandsperre nicht beitreten wollte, seine Truppen einrücken und erklärte
das Haus Bragauza für abgesetzt.
Im Jahre 1808 nötigte er den König Karl IV. und seinen Sohn
Ferdinand, zwischen denen ernstliche Zerwürfnisse ausgebrochen waren,
bei der Zusammenkunft in Bayonne, die spanische Krone niederzulegen.
Ihr Nachfolger wurde Joseph Bonaparte, an dessen Stelle Murat,
Napoleons Schwager, als König von Neapel trat.
Aber Spanien wurde die offene Wunde an dem Napoleonischen Reiche.
Die Spanier erhoben sich, unter einheitlicher Oberleitung, mit Unterstützung
englischer Truppen; französische Heere mußten vor ihnen kapitulieren.
Nach dem Kongresse zu Erfurt, wo Napoleon, umgeben von den
Fürsten des Rheinbundes, mit Alexander zusammengekommen war, führte
er persönlich ein Heer nach Spanien und seinen Bruder nach Madrid
zurück, aber seine Erfolge reichten nicht aus, die Halbinsel dauernd zu unter-
werfen. Nach Napoleons Abreise vom Kriegsschauplätze hielt Wellington,
der die englische Armee befehligte, die französischen Generale in Portugal
fest, während die überall gebildeten Banden des Kleinkriegs, der „Guerilla",