Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

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Das französische Kaiserreich. 
§72. 
§ 72. Die Lage Europas nach dem Frieden zu Tilsit. Der Krieg 
in Spanien. Das Ergebnis der jüngsten Kriege war, daß Napoleon 
seine Stellung in Italien und in Deutschland gewaltig verstärkt, Öfter- 
reich aus beiden Ländern hinausgedrängt, Preußen aus der Reihe der 
Großmächte gestrichen und Deutschland unter seiner „Schirmherrschaft" 
neugeordnet hatte. Deutschland bestand jetzt aus dem Rheinbunde, dem ver- 
kleinerteu Österreich und Preußen. Rußlands Macht dagegen war trotz 
der erlittenen Niederlagen noch ebensowenig gebrochen wie vorher. Der 
Friede zu Tilsit bedeutete mehr eine Verständigung der beiden Kaiser über 
die Teilung der Herrschaft auf dem Festlande als die Unterordnung des 
einen unter den andern; er konnte nur so lange währen, als es beider 
Vorteil entsprach, sich an die getroffenen Bestimmungen zu binden. 
Englands Macht war dagegen stärker als vor Anfang des 
Krieges; es hatte zur See keinen Gegner mehr; wie rücksichtslos es seine 
Interessen zu wahren gedachte, erfuhr Dänemark. Als der Staat 
aufgefordert worden war, der Festlandsperre beizutreten, legte sich eine 
englische Flotte vor Kopenhagen, beschoß die Stadt und führte die dänischen 
Kriegsschisse hinweg. Dänemark trat dem französischen Bündnisse bei. 
Der Krieg zwischen den beiden großen Gegnern England und Na- 
poleon zog sich nun in die Pyrenäenhalbinsel, die dank ihrer ungewöhnlich 
großen Küstenentwicklung einer Seemacht die beste Gelegenheit dazu bot, 
einen zu Lande kämpfenden Verbündeten in wirksamer Weise zu unterstützen. 
Hier hinderte überdies die Schwierigkeit des Geländes und die eigentüm- 
liche kriegerische Art seiner Bewohner die Napoleonischeu Heere daran, 
die Stärke ihrer Kriegskunst, die darin bestand, durch rasche, vernichtende 
Schläge eine schnelle Entscheidung herbeizuführen, zur Geltung zu bringen. 
Im Herbst 1807 wandte Napoleon sein Interesse den Verhältnissen 
aus der Pyrenäenhalbinsel zu. Er ließ in Portugal, das der 
Festlandsperre nicht beitreten wollte, seine Truppen einrücken und erklärte 
das Haus Bragauza für abgesetzt. 
Im Jahre 1808 nötigte er den König Karl IV. und seinen Sohn 
Ferdinand, zwischen denen ernstliche Zerwürfnisse ausgebrochen waren, 
bei der Zusammenkunft in Bayonne, die spanische Krone niederzulegen. 
Ihr Nachfolger wurde Joseph Bonaparte, an dessen Stelle Murat, 
Napoleons Schwager, als König von Neapel trat. 
Aber Spanien wurde die offene Wunde an dem Napoleonischen Reiche. 
Die Spanier erhoben sich, unter einheitlicher Oberleitung, mit Unterstützung 
englischer Truppen; französische Heere mußten vor ihnen kapitulieren. 
Nach dem Kongresse zu Erfurt, wo Napoleon, umgeben von den 
Fürsten des Rheinbundes, mit Alexander zusammengekommen war, führte 
er persönlich ein Heer nach Spanien und seinen Bruder nach Madrid 
zurück, aber seine Erfolge reichten nicht aus, die Halbinsel dauernd zu unter- 
werfen. Nach Napoleons Abreise vom Kriegsschauplätze hielt Wellington, 
der die englische Armee befehligte, die französischen Generale in Portugal 
fest, während die überall gebildeten Banden des Kleinkriegs, der „Guerilla",
	        
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