§ 100.101. Frankfurter Nationalversammlung. — Die Preußische Union.
Johann von Österreich zum Reichsverweser-, dieser nahm die Wahl
an und bildete Reichsministerien. Die deutschen Regierungen erkannten
ihn an, weniger das Ausland. Der Bundestag stellte seine Tätigkeit ein.
Es hätte am nächsten gelegen, die Frage, von der das Gelingen des
Werkes abhing, nämlich die, ob Preußen allein oder beide Großmächte
zum Bunde gehören sollten, zuerst zu stellen. Sie wurde indessen
Monat um Monat hinausgeschoben, und nachdem man den ganzen
Sommer über die Grundrechte der Deutschen beraten hatte, kam man
erst im Winter endlich zur Beratung der Verfassung.
Inzwischen hatte sich die Weltlage vollständig geändert, die Revo-
lntion war in Paris, in Österreich niedergeschlagen, Sardinien bei
Custoza besiegt worden, Handel und Wandel stockte, man sehnte sich
nach geordneten Zuständen, die Regierungen der einzelnen Staaten nahmen
die Zügel wieder in die Hand; die Aussicht schwand, daß sie sich den Be-
schlüssen der Versammlung unterwerfen würden. Auch die Demokraten ge-
wannen von neuem Anhang. Sie zogen im Oktober ihre Anhänger in Frank-
fnrt zusammen und erregten auf die Nachricht vom Wassenstillstande in Malmö
(vgl. § 103) einen Aufstand, bei dem zwei Mitglieder des Parlaments
(Graf A. v. Auerswald und Fürst Lichnowsky) ermordet wurden. Durch das
Eingreifen preußischer und österreichischer Truppen wurde er niedergeschlagen.
Erst im März 1849 kamen die Beratungen zum Abschluß; mit ge-
ringer Mehrheit wurde das Kaisertum beschlossen und Friedrich
Wilhelm IV. zum erblichen Kaiser gewählt.
Aber die von der Frankfurter Nationalversammlung beschlossene
Verfassung enthielt so weitgehende demokratische Bestimmungen, daß ihr
der König mit der stärksten Abneigung begegnete. Ohnehin konnte er
das Anerbieten der Versammlung nicht annehmen, da es seinen Staat
vor eine Aufgabe stellte, deren Lösung seine Kräfte nicht gewachsen waren;
er hätte die Verfassung den übrigen deutschen Fürsten aufzwingen müssen
und wäre in einen großen Krieg gegen das von Rußland unterstützte
Österreich verwickelt worden.
Die Abordnung, die dem Könige die Kaiserwürde antragen sollte,
empfing deshalb von ihm eine ablehnende Antwort.
So war dieser Versuch, Deutschland zu einigen, mißlungen.
In den nächsten Wochen löste sich die Versammlung auf; eine kleine
Zahl von Abgeordneten, der Linken angehörig, verlegte ihren Sitz nach
Stuttgart, wo sie bald darauf von der Regierung aufgelöst wurde.
Es entstanden Aufstände in Dresden, der Pfalz und Baden,
die von preußischen und deutschen Bundestruppen unter dem Oberbefehl
des Prinzen von Preußen niedergeschlagen wurden.
§ 101. Die Preußische Union. Hatte König Friedrich Wilhelm IV.
eine Krone abgelehnt, die ihm von der Volksvertretung angeboten worden
war, so versuchte er nun eine Reichsverfassung durch freie Vereinbarung
der deutschen Fürsten ins Leben zu rufen. Nachdem er mit Hannover