Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

§ 100.101. Frankfurter Nationalversammlung. — Die Preußische Union. 
Johann von Österreich zum Reichsverweser-, dieser nahm die Wahl 
an und bildete Reichsministerien. Die deutschen Regierungen erkannten 
ihn an, weniger das Ausland. Der Bundestag stellte seine Tätigkeit ein. 
Es hätte am nächsten gelegen, die Frage, von der das Gelingen des 
Werkes abhing, nämlich die, ob Preußen allein oder beide Großmächte 
zum Bunde gehören sollten, zuerst zu stellen. Sie wurde indessen 
Monat um Monat hinausgeschoben, und nachdem man den ganzen 
Sommer über die Grundrechte der Deutschen beraten hatte, kam man 
erst im Winter endlich zur Beratung der Verfassung. 
Inzwischen hatte sich die Weltlage vollständig geändert, die Revo- 
lntion war in Paris, in Österreich niedergeschlagen, Sardinien bei 
Custoza besiegt worden, Handel und Wandel stockte, man sehnte sich 
nach geordneten Zuständen, die Regierungen der einzelnen Staaten nahmen 
die Zügel wieder in die Hand; die Aussicht schwand, daß sie sich den Be- 
schlüssen der Versammlung unterwerfen würden. Auch die Demokraten ge- 
wannen von neuem Anhang. Sie zogen im Oktober ihre Anhänger in Frank- 
fnrt zusammen und erregten auf die Nachricht vom Wassenstillstande in Malmö 
(vgl. § 103) einen Aufstand, bei dem zwei Mitglieder des Parlaments 
(Graf A. v. Auerswald und Fürst Lichnowsky) ermordet wurden. Durch das 
Eingreifen preußischer und österreichischer Truppen wurde er niedergeschlagen. 
Erst im März 1849 kamen die Beratungen zum Abschluß; mit ge- 
ringer Mehrheit wurde das Kaisertum beschlossen und Friedrich 
Wilhelm IV. zum erblichen Kaiser gewählt. 
Aber die von der Frankfurter Nationalversammlung beschlossene 
Verfassung enthielt so weitgehende demokratische Bestimmungen, daß ihr 
der König mit der stärksten Abneigung begegnete. Ohnehin konnte er 
das Anerbieten der Versammlung nicht annehmen, da es seinen Staat 
vor eine Aufgabe stellte, deren Lösung seine Kräfte nicht gewachsen waren; 
er hätte die Verfassung den übrigen deutschen Fürsten aufzwingen müssen 
und wäre in einen großen Krieg gegen das von Rußland unterstützte 
Österreich verwickelt worden. 
Die Abordnung, die dem Könige die Kaiserwürde antragen sollte, 
empfing deshalb von ihm eine ablehnende Antwort. 
So war dieser Versuch, Deutschland zu einigen, mißlungen. 
In den nächsten Wochen löste sich die Versammlung auf; eine kleine 
Zahl von Abgeordneten, der Linken angehörig, verlegte ihren Sitz nach 
Stuttgart, wo sie bald darauf von der Regierung aufgelöst wurde. 
Es entstanden Aufstände in Dresden, der Pfalz und Baden, 
die von preußischen und deutschen Bundestruppen unter dem Oberbefehl 
des Prinzen von Preußen niedergeschlagen wurden. 
§ 101. Die Preußische Union. Hatte König Friedrich Wilhelm IV. 
eine Krone abgelehnt, die ihm von der Volksvertretung angeboten worden 
war, so versuchte er nun eine Reichsverfassung durch freie Vereinbarung 
der deutschen Fürsten ins Leben zu rufen. Nachdem er mit Hannover
	        
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