Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

§131. 
Umgestaltung der Landesverwaltung. 
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staatlichen Befugnisse an diese über. Damit wurde der Gedanke der 
Selbstverwaltung, den Steins Städteordnuug zunächst sür die Städte 
durchgeführt hatte, auch für das platte Land verwirklicht. Jedoch ist 
im Rheinlande die Selbstverwaltung der Landgemeinden noch nicht ganz 
durchgeführt; auch fehlt in den Städten noch die Magistratsversassnng. 
Die wichtigsten Gesetze sind die über die Kreisordnnng, die Pro- 
vinzialordnnng und über die allgemeine Landesverwaltung. 
Nach dieser Ordnung sind die bisher vorhandenen Staatsbehörden be- 
stehen geblieben und daneben die Behörden der Selbstverwaltung geschaffen 
worden. Einen Teil der Verwaltungsgeschäfte erledigen die Staatsbehörden 
allein, einen zweiten diese unter Mitwirkung von Kollegien (Provinzialrat, 
Bezirksausschuß), deren Mitglieder teils der Staats-, teils der Selbst- 
Verwaltung angehören, einen dritten Teil endlich die Träger der Selbst- 
Verwaltung für sich. Streitige Verwaltungssachen werden im Verwaltnngs- 
streitverfahren entschieden, die Verwaltungsgerichtsbarkeit üben die Kreis- 
ansschüsse, die Bezirksausschüsse und das Oberverwaltungsgericht aus. 
Die Einteilung des Staates m Provinzen, Regierungsbezirke und 
Kreise ist beibehalten worden (vgl. § 92). 
Die wichtigsten Gemeindeverbände sind folgende: 
Die Gemeinden; diese sind entweder Stadt- oder Landgemeinden, 
letztere entweder Dorfgemeinden oder Gutsbezirke. 
Die Dorfgemeinde bilden die Besitzer der in einem Dorfe oder 
dessen Feldmark gelegenen Grundstücke, sie treten zur Gemeiudever- 
sammlnng zusammen, der Vorstand besteht aus dem gewählten Ge- 
meindevorsteher (Schulzen) und mindestens zwei Schöffen. 
Im Gutsbezirk hat der Besitzer des Gutes dieselben Pflichten und 
Leistungen wie die Dorfgemeinde, er nimmt die Stellung des Gemeinde- 
Vorstehers ein. Im Westen fehlt diese Art des Verbandes. 
Mehrere Landgemeinden und Gutsbezirke sind gewöhnlich vereinigt 
zu einem Amtsbezirk unter einem Amtsvorsteher, der namentlich die 
Polizei verwaltet. Der aus Vertretern der zugehörigen Gemeinden und 
Gutsbezirke gebildete Amtsausschuß wirkt bei der Verwaltung mit. Im 
Rheinlande bilden mehrere Dorfgemeinden eine Land bürg er meister ei, 
deren Bürgermeister jedoch nicht gewählt, sondern von dem Oberpräsidenten 
ernannt wird saus einer Liste von drei Bewerbern, die vom Gemeinderat 
aufgestellt wird). 
Die Kreise; ihre Orgaue sind: der Landrat, der Kreistag und 
der Kreisausschuß. Der Landrat (früher aus der ansässigen Be- 
völkernng des Kreises gewählt) ist sowohl ein Organ der Staatsverwal- 
tnng als auch der Leiter der Selbstverwaltung. Der Kreistag vertritt 
den Kreis und hat über seine Angelegenheiten gültige Beschlüsse zu 
fassen. Er besteht aus mindestens 25 Kreisangehörigen, die ans sechs 
Jahre gewählt werden, aus drei Wahlverbänden, dem der zum Kreise 
gehörigen Städte, der Landgemeinden und der größeren ländlichen Grund¬ 
besitzer. Der Kreistag stellt den Kreishaushaltsetat und die Kreissteuern
	        
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