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Innere Angelegenheiten Preußens.
§ 131.132.
fest. Der Kreisausschuß verwaltet den Kreis und entscheidet als Ver-
waltnngsgericht des Kreises. Er besteht aus dem Landrat als Vorsitzendem
und sechs aus die Dauer von sechs Jahren gewählten Mitgliedern, die
dieses Amt als Ehrenamt unentgeltlich verwalten. Der Kreisausschuß
bildet den Mittelpunkt der Selbstverwaltung des Kreises.
Sämtliche Kreise einer Provinz bilden den Provinzialverband;
ihm fallen Aufgaben zu, die über die Kräfte der einzelnen Kreise hinaus-
gehen und für die ganze Provinz von Bedeutung sind (Denkmalpflege,
Fürsorgeanstalten für Arme, Irre, Blinde usw., Landstraßen, Provinzial-
museen und anderes). Die Träger der provinzialen Selbstverwaltung
sind: der Proviuziallaudtag, der Provinzialansschuß und der
Landeshauptmann.
Der Provinziallandtag wird vom Könige berufen und besteht aus
Abgeordneten, die in den Landkreisen von den Kreistagen, in den Städten
von der Vertretung der Bürgerschaft auf sechs Jahre gewählt werden.
Der Provinzialansschuß zählt sieben bis dreizehn Mitglieder und ver-
sammelt sich, so oft es die Geschäfte erfordern; er hat über die laufenden Ge-
schäste Beschluß zu fassen und das Vermögen der Provinz zu verwalten. Der
Landeshauptmann ist der oberste Beamte der Selbstverwaltung, wird
vom Provinziallandtage gewählt und vom Könige bestätigt; er nimmt die
laufenden Geschäfte wahr und führt die Beschlüsse des Ausschusses aus.
§ 132. Die Eisenbahnen. Die Staatseinkünfte. In Preußen wurden
Eisenbahnen anfangs nur von Privaten gebaut; der Staat förderte den
Ausbau des Bahnnetzes dadurch, daß er eine Gewähr für die Verzinsung
der Anlagekosten übernahm. Später baute er auf eigene Rechnung neue
Strecken, insbesondere in Gegenden, die von der Natur weniger be-
günstigt sind, und von denen das Privatkapital sich daher zurückhielt, oder
er nahm Privatbahnen in Betrieb und Verwaltung. Es herrschte also in
Preußen das gemischte System, Staats- und Privatbahnen nebeneinander.
Der Besitz des Staates an Eisenbahnen wurde später dadurch erweitert, daß
er einerseits Strecken von Gesellschaften, die in Notlage geraten waren, an-
kaufte und dann aus Gründen der Landesverteidigung neue Linien baute
(z. B. Berlin—Wetzlar, die Eifelbahn). Seit 1879 wurde das Staatsbahn¬
wesen unter Leitung des Ministers von Maybach durchgeführt, zum
Vorteil der Volkswohlfahrt, der Landesverteidigung und der Staatsgelder.
Im Jahre 1891 wurde das Geldwesen des Königreichs Preußen
unter dem Finanzminister von Miqnel umgestaltet, neben einer stufen-
weise sich erhöhenden Einkommensteuer wurde eine Ergänznngs-
steuer vom Vermögen erhoben und die Pflicht der Selbsteinschätzung
eingeführt. Einkommen von weniger als 900 Mark sind von Steuern befreit.
Da durch diese Neuordnung der Ertrag der Steuern wuchs, verzichtete
der Staat auf einige Ertragssteuern zugunsten der Gemeinden. Auch die
Reichsfinanzgesetzgebung wurde weiter ausgebaut durch Einführung der
Reichserbschaftssteuer und mancher Verbrauchs- und Verkehrssteuern.