Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

§136. 
England im 19. Jahrhundert. 
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der Kornzölle; seitdem hat die englische Bevölkerung zwar billige Ge- 
treidepreise infolge starker überseeischer Einfuhr, aber die kleineren und 
mittleren landwirtschaftlichen Betriebe verschwanden, und die ländliche Be- 
völkerung verminderte sich stark durch Abwanderung nach den Städten 
oder in überseeische Gebiete, während die größeren Betriebe zur Weide- 
Wirtschaft und Viehzucht übergingen. 
Im Jahre 1848 brach die Chartistenbewegung aus; der Versuch, 
durch eine Masseneingabe an das englische Unterhaus das allgemeine 
Wahlrecht einzuführen, blieb ohne Erfolg. 
Später beschäftigten die irischen Unruhen das Parlament. Da der 
Grund und Boden Irlands in englischen Händen war und an Iren zu 
ungünstigen Bedingungen verpachtet wurde, entstand in der Bevölkerung 
eine große Notlage, die zu massenhafter Auswanderung nach den Kolonien 
führte und unaufhörlich Unruhen im Lande hervorrief. Endlich bildeten 
die irischen Abgeordneten im Unterhause eine geschlossene Partei, die 
zwischen Whigs und Tories zuweilen den Ausschlag gab; es mußte daher 
jeder Regierung daran liegen, sie zu gewinnen. Die irischen Zustünde 
versuchte Gladstone durch die irische Landbill zum Schutze der Pächter 
zu heilen, ohne jedoch einen vollen Erfolg zu erzielen. Als er später, 
um die Wünsche der Iren zu befriedigen, den Gefetzesautrag stellte, Irland 
eigenes Recht und eigene Verfassung (Home rule) zu gewähren, konnte er 
die Mehrheit des Hauses nicht gewinnen. — Neuerdings hat es nicht an 
Versuchen gefehlt, die rechtliche Stellung des Oberhauses zu erschüttern. 
Auswärtige Angelegenheiten. In der ersten Hälfte des neun- 
zehnten Jahrhunderts erweiterte England seinen süd- und" ostasiatischen 
Besitz, drang in Vorderindien bis ins Pandschab vor und begann 
die immer schwierigen, nicht immer siegreichen Kriege gegen das tapfere 
Gebirgsvolk der Afghanen. Es faßte Fuß an der Westküste von Hinter- 
indien, nötigte China, seine Grenzen dem verderblichen Opiumhandel zu 
öffnen, und erwarb Hongkong. 
Zur Zeit des Krimkrieges wurde die englische Herrschaft in Indien 
durch den furchtbaren Aufstand der Sepoys in Frage gestellt, es gelang 
erst nach mehrjährigen Kämpfen, ihn niederzuschlagen. Im Zusammen- 
hange damit wurden die Vorrechte der Ostindischen Kompanie auf- 
gehoben und die Verwaltung des Landes der Krone übertragen. Die 
Königin nahm 1876 den Titel einer Kaiserin von Indien an. 
In den Jahren 1857—1860 kämpfte England an der Seite Frank- 
reichs gegen China, wo man die früheren Handelsverträge verletzt hatte, 
ja z. B. in Kanton zu offenen Feindseligkeiten geschritten war. Im Ver- 
trage zu Tientsin wurde dem europäischen Handel Zutritt in China 
gewährt, und christliche Mifsionen wurden zugelassen. Da dieser Vertrag 
nicht gehalten wurde, rückten englisch-französische Truppen nach Peking, 
lieferten die Schlacht bei Palikao, eroberten und zerstörten den kaiser- 
lichen Sommerpalast und erzwangen die Bestätigung des Vertrages von
	        
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