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Die Entstehung der preußischen Großmacht.
teilzunehmen. Eine zweite französische Heeresmacht unter dem Prinzen
von Soubise ging vom Mittelrhein her gegen Erfurt vor, wo sich ihr
die „Reichsarmee" anschloß.
In Ostpreußen fielen die Russen ein und schlugen den greisen
Feldmarschall Lehwaldt bei Großjügersdorf am Pregel. Da aber
damals das Ableben der Kaiserin Elisabeth befürchtet wurde, erhielt der
Sieger die Weisung, sich aus Ostpreußen zurückzuziehen. So wurden
Kräfte frei für eine Zurückdrüuguug der Schweden nach Pommern.
Während die Österreicher einen großen Teil Schlesiens besetzten,
eilte Friedrich mit etwa 22000 Mann nach Sachsen und erfocht über die
Franzosen und die Reichsarmee am 5. November den berühmten Sieg bei
Roßbach. Die Schlacht wurde durch einen kühnen Angriff des Generals
von Seydlitz an der Spitze seines Kürassierregiments entschieden. Der
buntscheckige Söldnerhaufe der Reichsarmee verfinnbildete so recht die kläg-
lichen Zustände der deutschen Kleinstaaterei. Nach kurzer Verfolgung mußte
Friedrich nach Schlesien zurückkehren. Denn unterdessen hatte Prinz
Karl von Lothringen Schweidnitz erobert, den Prinzen von Braun-
schweig-Bevern bei Breslau geschlagen und gefangen genommen, ja
sogar die Hauptstadt Schlesiens selbst ohne Widerstand in die Hände be-
kommen. An der Katzbach vereinigte sich der König mit dem General von
Zieten, der ihm die Reste seiner schleichen Truppen zuführte, entschlossen, noch
vor Einbruch des Winters eine große Entscheidung herbeizuführen. Am
5. Dezember erfocht er mit 30000 Mann über den sehr erheblich stärkeren
Feind unter Karl von Lothringen und Daun bei dem Dorfe Leuthen
den glänzendsten aller seiner Siege, den er zum Teil der überraschenden
Wirkung der „schiefen Schlachtordnung" verdankte. Nach dieser Nieder-
läge räumten die Österreicher Schlesien. Alle von ihnen eroberten Plätze
fielen wieder in die Hände des Königs. Friedrich hatte am Ende dieses
Jahres seine Länder bis auf die westlichen behauptet.
1758. Die Russen hatten im Winter Ostpreußen wieder besetzt, im
Verlaufe des kommenden Jahres mußte man sie an der Oder erwarten.
Da Friedrich dann der Gefahr ausgesetzt war, daß er von seinen beiden
stärksten Gegnern in den Kernlanden seines Staates gleichzeitig angegriffen
wurde, beschloß er, dieser Gefahr durch den Angriff zuvorzukommen.
Ermutigt wurde er dazu durch die Vorgänge auf dem westlichen
Schauplatze. Der englische König Georg II. hatte die Zevener Abmachung
verworfen und seine Hand zur Bildung einer neuen niedersächsischen Armee
geboten, die unter den Befehl Ferdinands von Braunschweig trat. Dieser
verjagte seit Februar die französischen Besatzungen aus den: nordwestlichen
Deutschland, trieb sie über den Rhein und erfocht einen Sieg bei Krefeld.
Beim Eintritt der guten Jahreszeit war der König in Mähren
eingefallen und belagerte Olmütz; er mußte aber, als der österreichische
General von Laudon einen großen Teil der preußischen Zufuhr abge-
fangen hatte, wegen Mangels Tut Lebensmitteln die Belagerung wieder
aufgeben und durch Böhmen nach Schlesien zurückkehren.