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Der Untergang Assyriens.
Übergewicht in Vorderasien; es war die erste Weltmacht, die es ge-
geben hat; Babylonien, Arabien, Elam, Lydien, Syrien samt dem
Reiche Juda^) und Ägypten mußten sich vor ihm beugen. Aber das
Volk war nichts viel mehr als eine erobernde Kriegsgenosienschast,
welche die Erwerbungen nicht an sich zu fesseln und zu erhalten
verstand.
§ 8. Der Untergang Assyriens. [Einbruch der Skythen.
Emporkommen der Lydier und Meder. Einnahme von Ni-
nive 606.] Wie schwach es mit der Herrschast der Assyrier bestellt war,
sollte sich zuerst bei dem plötzlichen Einbruch der Skythen und Kim-
merier zeigen. Diese Kriegsstämme unbekannter Herkunst häuften im
Norden des schwarzen Meeres und warfen sich, übrigens durch gegen-
fettige Feindseligkeit getrieben, etwa 625 ganz unerwartet auf das assy-
irische Reich, welches für eine Reihe von Jahren durch Mord und Raub
in Schrecken gehalten wurde, ohne daß es einen Widerstand zu leisten
imstande gewesen wäre2). Das meiste zur Vertreibung der nordischen
Barbaren thaten sodann die Lydier und Meder, zwei Völker, welche
seit dem Anfange des 7. Jahrhunderts im Aufschwung begriffen waren
und die Oberhoheit der Assyrier nur widerwillig anerkannten; jetzt ge-
rieten sie aber selbst aneinander: Alyattes von Lydien (ans dem
Geschlechte der Mermnaden) und KyaxAres von Medien trafen am
30. September 610 mit ihren Heeren am Halys-Flnsse zusammen; die
Sonnenfinsternis jenes Tages verhinderte jedoch den Kampf, und es kam
eine Einigung zwischen den beiden Königen dahin zustande, daß der
Halys die Grenze der genannten Mächte bilden sollte. Die Meder,
welche dadurch freie Hand nach Süden hin erhalten hatten, wandten sich
nun im vollen Einverständnis mit Babylon, wo damals Nabopo-
lassar assyrischer Statthalter war, gegen Ninive und eroberten 606
diese Stadt, mit deren Einnahme das Reich der Assyrier zu existieren
aufhörte3).
!) Dies Land war ca. 700 von dem König Sanherib unterworfen worden,
als His kia daselbst regierte.
2) Psammetich zahlte den Skythen einen Tribut und sicherte dadurch Ägypten
vor einer Invasion.
3) An die Einnahme knüpfte sich die spätere Erzählung von dem Flammentod
des letzten assyrischen Königs Assur-idil-ili (Saräkos), die dann wieder zur Aus-
schmückung der Sardanapals-Sage führte.