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§ 86.
Die Kreuzzüge 1096—1270 (1391.)
1. Der erste Kreuzzug 1096—1*00.
Schon in den ersten christlichen Jahrhunderten, besonders aber
seit Constantins des Großen Zeiten (dessen Mutter, die Kaiserin
Helena, die heilige Grabeskirche erbaute) sauden Wallfahrten nach
Jerusalem statt. Sie dauerten auch nach der Eroberung Palästinas
durch die Araber (637) ungestört fort. Als aber die seldschuckischen
Türken (§ 74, 2. Anm.) sich des Landes bemächtigt hatten (1076),
wurden die Christen im Morgenlande hart bedrängt und die Pilger
grausam gemißhandelt. Ihre Klagen erweckten in den abendländischen
Christen das Verlangen, das heilige Land von der Türkenherrschaft
zn befreien. Besonders regte der Einsiedler Peter von Amiens
dazu an. Auf der Kirchenversammlung zu Clermout 1095
unter Papst Urban II. wurde mit dem Rufe: „Gott will es!"
ein Zug zur Eroberung Jerusalems gelobt, und Unzählige hefteten
sich sin rotes Kreuz auf die rechte Schulter. So kam es zum
ersten Kreuzzug. An ihm nahmen vorzugsweise Franzosen teil.
Voraus zog im Frühjahr 1096 unter Peter von Amiens und dem
Ritter Walter von Habenichts eine zügellose Schar von Kreuz-
fahreru, die in Ungarn und Kleinasien fast gänzlich aufgerieben
wurde. Besser geordnet war der nachfolgende Hauptzug, an dem
sich namentlich französische und italienische Fürsten und Ritter be-
teiligten. Unter den Führern hatte das höchste Ansehen Gottfried
von Bouillon, Herzog von Niederlothringen; andere Teilnehmer
waren: Gottsrieds Bruder, Balduin von Flandern; Robert von
der Normandie, Sohn Wilhelms des Eroberers; der mächtige
Graf Raimund von Toulouse; Boemuud von Tarent, Sohn Robert
Guiscards; dessen Vetter Tankred zc. :c. Das Heer bestand aus
500,000 Streitern, die auf verschiedenen Wegen (teils durch
Ungarn, teils durch Italien und Dalmatien) nach Konstantinopel
gelangten. In Kleinasien wurde Nicäa erstürmt, nach großen
Mühsalen die wohlbefestigte syrische Hauptstadt Antiochta einge¬
nommen und durch einen glänzenden Sieg über ein zahlreiches
Türkenheer behauptet (heilige Lanze), endlich von den noch übrigen