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um sein Übergewicht in Italien geltend zu machen — freilich ein
unzuverlässiger Schirmvogt des Papstes, dem er den größten
Teil seines Staates entreißen ließ, wenngleich bte Entwtckelnng
Italiens zu einem Einheitsstaate den napoleonischen Plänen,
die nur aus Errichtung eines italienischen Bundesstaates gingen,
entgegenlief. Mußte ein solches Verhalten, namentlich die An-
nerton von Savoyen und Nizza, Besorgnisse vor Napoleons
Herrschgier in Europa hervorrufen, so benutzte der Kaiser nun
den großen Bürgerkrieg in den Vereinigten Staaten von Nord,
amerika (§ 145, 5), um auch in der neuen Welt festen Fuß zu
fassen. Anfänglich mit England und Spanien zu einem Feld-
zuge gegen Mexiko verbunden, der die Rechte europäischer
Uuterthanen in Schutz nehmen sollte, sprach Napoleon bald rück-
haltslos die Absicht aus, „dem Vordringen der Nordamerikaner
nach Süden entgegenzutreten, der lateinischen (romanischen) Rasse
in Amerika ausHelsen und den Einfluß Frankreichs daselbst fest
begründen zu wollen" — ein Plan, den seine Verbündeten nicht
unterstützen mochten. Als daher die englischen und spanischen
Truppen nach Europa zurückgekehrt waren, drangen die Franzosen
nach glücklichen Kämpfen 1863 in die Hauptstadt Mexiko ein,
und an die Stelle der Republik wurde ein ganz von Frankreich
abhängiges Kaisertum gesetzt, dessen Krone 1864 der Erzherzog
Maximilian von Österreich erhielt. Allein die ganze Schöpfung,
welche Frankreich ungeheure Opfer gekostet, brach bald zusammen:
Napoleon sah sich nach Beendigung des nordamerikanischen Bürger¬
krieges auf das ernste Andrängen der Unionsregierung genötigt,
seine Truppen aus Mexiko hinwegzuziehen, worauf das junge
Kaisertum mit Maximilians Erschießung ein trauriges Ende nahm
1867 (§ 145, 3). Das war ein „dunkler Punkt" in Napoleons
Regierungsgeschichte. Auch sein Plan eines europäischen
Kongresses in Paris, um unter napoleonischem Schiedsrichter-
turne „die Gegenwart zu regeln und die Zukunft zu sichern",
scheiterte an dem Widerspruche anderer Mächte. Ebensowenig
konnte er in dem Kriege von 1866 zwischen Österreich und
Preußen (§ 147) seinen Einfluß in dem Grade geltend machen,
wie er dachte: Preußens ungeahnter großartiger Aufschwung