Die deutsche Litteratur. Kunst. §. 36. 157
gebundener Rede (rote „Hermann und Dorothea"), theils in unge-
bendener (rote Wilhelm Meister's Lehr- und Wanderjahre, die Wahl-
Verwandtschaften). Auch das benachbarte Jena ward ein Mittelpunkt
wissenschaftlicher und litterarischer Thätigkeit durch die Stifter der
romantischen Schule: Aug. Wilhelm von Schlegel (f 1845)
und seinen Bruder Friedrich von Schlegel (f 1829), Tieck (f 1853),
Novalis (t 1801), welchen sich später Jos. Görres, L. Achim v. Arnim
u. A. anschlössen. Sie war von dem größten Einflüsse für die Läu¬
terung des Geschmackes, für die Erforschung der Theorie und Geschichte
der Kunst, wie für die Aneignung der litterarischen Schätze ferner
Nationen und Zeiten. Die Freiheitskriege führten die Poesie wieder
der Gegenwart zu und begeisterten Körner (f 1813), Arndt (f 1860),
Rückert (f 1866) u. A. zu patriotischen Kriegs- und Siegesliedern.
Auch nach den Befreiungskriegen blühte vorzugsweise die lyrische
Poesie durch Uhland (f 1862), Graf Platen (f 1835), Chamisso
(t 1838), Zedlitz (f 1862), Lenau (f 1850). Die dramatische
Litteratur hatte mit Schiller ihren Glanzpunkt erreicht und seine
Nachfolger (Z. Werner, Müllner, Jmmermann, Raupach, Gutzkow,
Laube) gewannen eine zum Theil nur vorübergehende Bedeutung.
Die Lieblingslectüre des größern Publikums ward die Poesie im Gewände
der Prosa, der Roman und die Novelle, welche Gattung von
Jean Paul Friedrich Richter (f 1825), L. Tieck (f 1853),
Jmmermann (f 1840) und einer großen Menge meist sehr frucht-
barer Schriftsteller und Schriftstellerinnen bearbeitet wurde, während
zugleich eine Flut von Uebersetzungen der ausländischen Romanen-
litteratnr in alle Kreise Eingang fand.
6. Kunst. Die schöne Blütezeit, welche die deutsche Malerei
in der ersten Hälfte des 16. Jhrh., besonders im südlichen Deutsch-
land erlebt hatte (f. S. 82), fand bald ihr Ende durch die Schreck-
nifse des 30jährigen Krieges, und erst das 19. Jahrh. sah ein neues
Aufleben dieser Kunst, wie der bildenden Künste überhaupt. Ins-
besondere ward München durch König Ludwig I. von Baiern ein
Hauptmittelpunkt der modernen Kunstbestrebungen, die sich die Grie-
chen und das deutsche Mittelalter zum Vorbild nahmen. Baukunst,
Bildhauerei, Erzguß, Fresco- und Glasmalerei fanden hier Gelegen-
heit zu großartigen Schöpfungen und gediehen zu hoher Vollendung.
Neben der Münchener Malerschule, an deren Spitze P. v. Cornelius
(t 1867) stand, blühte die Düsseldorfer Schule unter W. Schadow's
(t 1862) Leitung. Geschmack und Sinn für die Kunst verbreiteten