G. Die Zeit Friedrichs des Großen.
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Immerhin betrugen die Staatseinnahmen gegen Ende seiner Regierung
jährlich 20 Millionen Taler. Die Überschüsse sammelte Friedrich wie
sein Vater in einem Staatsschatz, der bei seinem Tode die ansehnliche
Summe von 55 Millionen Talern enthielt.
Die Rechtspflege. Während seiner ganzen Regierung arbeitete Friedrich § 112.
auf eine Verbesserung der Rechtspflege hin. Gleich nach seiner Thron-
Besteigung schaffte er die Folter ab. Um den Gang der Prozesse zu be-
schleunigen, führte er bei Gericht das mündliche Verfahren ein. Den
Richtern, die bisher auf die Gebühren der rechtsnchenden Parteien ange-
wiesen waren, gab er ein festes Gehalt. Dadurch schuf er einen unab-
hängigen Richterstand. Die Richter sollten nämlich durchaus unparteiisch
und ohne Ansehen der Person entscheiden, denn vor der Justiz seien alle Leute
gleich, und ein Justizkollegium, das Ungerechtigkeit übe, sei gefährlicher und
schlimmer als eine Diebesbande. Wie sehr der König durch solche Grund-
sätze das Vertrauen des Volkes in die Unparteilichkeit der Gerichte stärkte,
beleuchtet die Erzählung von dem Müller von Sanssouci.
Auf Friedrichs Anregung verfaßte sein Großkanzler C arm er ein
allgemeines Gesetzbuch, das freilich erst unter seinem Nachfolger Friedrich
Wilhelm II. als Allgemeines ßanbrecht für die Preußischen
Staaten in Kraft trat (1794). Es war das erste Gesetzbuch in deutscher
Sprache. Der französische Graf Mirabeau rühmte von diesem Preußischen
Landrecht, daß es den Gesetzbüchern der übrigen europäischen Staaten
mindestens um ein Jahrhundert vorausgeeilt sei. Es hat gegolten, bis
es im Jahre 1900 durch das allgemeine deutsche „Bürgerliche Gesetzbuch"
abgelöst wurde.
Die Volkswirtschaft. Vom ersten Tage seiner Regierung an war § 113.
Friedrich unausgesetzt darauf bedacht, den Wohlstand und das Behagen
aller seiner Untertanen, vom Edelmann bis zum Bauern, zu fördern. Er
hat diese Aufgabe mit großer Umsicht und Tatkraft gelöst. Nach dem
Siebenjährigen Kriege sah es in seinen Ländern ungefähr so aus wie nach
dem Dreißigjährigen Kriege. Die Zahl der Einwohner war von 4y2 Mil¬
lionen ans 4 Millionen herabgesunken. Um die Bevölkerung zu vermehren,
zog er nach und nach über eine Viertelmillion bäuerliche Ansiedler ins Land:
Württemberger und Hessen für den Ackerbau, Holländer für die Viehzucht,
Pfälzer für Obst- und Gartenbau. Land stand ja reichlich zur Verfügung.
Das weit ausgedehnte Sumpfgebiet des Oder-, Warthe- und Netze-
bruches entwässerte er und machte es urbar. Der Lohn dieser mühe-
vollen Arbeit war ein Gebiet von 4000 qkm fruchtbaren Bodens — nach
seinen eigenen Worten „eine im Frieden eroberte Provinz". In Schlesien
und Westpreußen legte er Hunderte von Dörfern an und ließ verfallene
und zerstörte wieder aufbauen. Verschiedene Provinzen befreite er zeit-
weilig von der Steuer. Verarmten Bauern gab er Saatkorn, Pferde
und Geld. Bei guten Ernten füllte er die Staatsspeicher mit Korn und
hielt dadurch die Getreidepreise auf einer annehmbaren Höhe, bei Miß-
Dahmen-Fr., Leitsaden. III. 3. Aufl. q