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3. Vierzehn Jahre lang stand Demosthenes auf der Hoch-
wacht. Auf sein Drängen verjagten seine Mitbürger aus
Euböa einige Stadtfürsten, die mir Philipp im Einverständnis
waren, und sendeten den Städten Perinth am Marmara-Meer
und Byzanz Hilfe, _ als Philipp sie belagerte. Denn aus
Euböa und den Küstenländern am Schwarzen Meer und am
Hellespont bezog Athen sein Brotkorn, soweit es der Felsen-
boden Attilas nicht selbst hervorbrachte, und setzte dafür die
Erzeugnisse seines Gewerbfleißes, besonders seine Töpferwaren
dort ab. Zu jenen Strichen bis zum Ural bildeten Perinth
und Pyzanz den Schlüssel.
/Wo die Gewalt versagte, griff Philipp zu List und Lüge.
Keine Burg sei so fest und hoch, meinte er, daß nicht ein mit
Gold beladener Esel hineinkäme. Auch in Athen besaß er
eine einflußreiche Partei. Sie setzte durch, daß er mit der
Züchtigung der Phokerstadt Amphissa beauftragt wurde, die
sich delphisches Tempelland angeeignet hatte. Aber der tückische
König besetzte die Gebirgspässe, die nach Böotien und Attila
führten.
4. Es war eine schreckensvolle Abendstunde, als die Bot-
schaff eintraf: „Elateia ist besetzt." Die Buden aus dem
Markte wurden zusammengeworfen und angezündet. Dies
war das Zeichen zu schleuniger Rüstung und zur Volksverfamm-
lnng für den nächsten Morgen. Alle kamen. Aber so oft
auch der Herold rief, niemand ergriff das Wort. In dieser
Ratlosigkeit erhob sich Demosthenes. Er hatte alles längst
kommen sehen; er kannte Philipp und den einzigen Weg ihm
zu begegnen: „Versöhnt, verbündet euch mit Theben, ehe es
auch hiefür zu spät ist!" Er selbst übernahm die Gesandtschaft,
und seine hinreißende Rede erfüllte auch die bisher feindseligen
Thebäer mit Todesmute; an der Seite der Athener wollten sie
leben und sterben für das gemeinsame Baterland.
338 Auf böotischem Boden, bei Chaironeia, erfolgte die Un-
ti' ei,v' glücksschlacht. Demosthenes focht mit als einfacher Hoplit. Die
Bäche flössen rot von Blut. Manu für Mann lag Thebens
Heilige Schar hingemäht. Griechenlands Freiheit war ver-
loren, aber seine Ehre strahlte so hell wie je.
Mit Heldenmut trug Athen sein Schicksal. Es erwies
seinem viel angefeindeten Staatsmann die Auszeichnung, daß
er auf die Gefallenen die Trauerrede halten durfte wie einst
Perikles: die Grabrede aus das Volk der Hellenen.