Der siebenjährige Krieg, 1756 — 1763.
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bequemen Nebenbuhler sah und dessen sittenlose und träge Kaiserin
Elisabeth unter dem Einfluß des von Friedrichs Feinden be-
stochenen Großkanzlers Bestuscheff stand, war das Verhältnis so
gespannt, daß bejde Höfe ihre Gesandten abriefen und der diplo-
matische Verkehr unterbrochen wurde. Dennoch schien die Gefahr
eines Krieges fern, so lange mit Frankreich, das mit Preußen
durch die gemeinsame Gegnerschaft gegen Osterreich verbunden war,
gute Beziehungen bestanden.
Da wirkten in seltsamer Weise die kolonialen Streitigkeiten,
die zwischen Frankreich und England entstanden, auf die
Geschicke Preußens ein. Zwischen beiden Ländern entstand ein Krieg
um ihre nordamerikanischen Besitzungen. Da nun England
fürchtete, daß Hannover, welches mit ihm dnrch Personalunion
verbunden war, von den Franzosen besetzt würde, wandte es sich
an Friedrich mit dem Vorschlag, sich mit ihm zum Schutze der
Neutralität Deutschlands zu vereinigen. Friedrich ging hierauf ein, ^rt?m!t°
und zu Anfang des Jahres 1756 kam ein Neutralitätsvertrag England,
mit England zu stände. Friedrich hoffte durch diesen Vertrag sich
den Frieden zu sichern; in der Tat hatte dieser Schritt den Ausbruch
des Krieges zur Folge.
Denn seit er sich England genähert hatte, gewann am Pariser
Hose die Friedrich feindliche Partei die Oberhand. Ludwig XV.
war ein launischer, unzuverlässiger Monarch, dazu eifersüchtig auf den Dns vsterrei-
großen Preußenkönig; die sittenlose Frau, die ihn beherrschte, die M-'russische
Marquise von P o m p a d o u r, war eine Gegnerin Friedrichs; auch ®ünMS-
versprach in der Tat das Bündnis mit Osterreich Vorteile, denn
Maria Theresia zeigte sich bereit, wenn sie Schlesien wiedergewänne,
an Frankreich einen Teil der österreichischen Niederlande zu überlassen.
So wurde im Frühjahr 1756 ein Bündnis zwischen Frankreich
und Ost erreich abgeschlossen. Rußland aber, das schon vor
längerer Zeit mit Osterreich einen Bundesvertrag geschlossen hatte,
trat auch dem österreichisch - französischen Bündnis bei; es sollte das
polnische Kurland erhalten, wofür Ostpreußen an Polen fallen sollte.
So hatten sich die großen Mächte des Festlandes gegen Preußen ver-
einigt; der Ausbruch des Krieges wurde für das Jahr 1757 festgesetzt.
§ 192. Der Ausbruch des Krieges und die Eroberung Sachsens, ^^ruch^des
1756. Indessen hatte Friedrich nicht nur über die russischen und 1 e8E
österreichischen Truppenrüstnngen, sondern auch über die Abmachungen
der drei Mächte Nachrichten erhalten; die letzteren stammten teil-
weise von einem bestochenen sächsischen Kanzleibeamten. Er war so-
fort entschlossen, „lieber zuvorzukommen als sich zuvorkommen zu
lassen". Als nun mehrere Anfragen, die er an Maria Theresia