Full text: Kleine Lebensbilder berühmter Männer für den geschichtlichen Unterricht

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altarg um fein Gebet zu verrichten. Samt, als er fchon wieder ausstehen 
unb ftch entfernen wollte, siehe, ba nahet sich ihm ber heilige Vater in 
feierlichem Zuge mit den höchsten Würdenträgern der Steche, eine goldene 
ber.®a"b lra9ei,b' Diese setzte er dem Frankenlönige auf und 
|a T9n mit dem hl. Ol zum „römischen Kaiser". Unb bas ver¬ 
sammelte Volk brach in ben freudigen Jubelruf aus: „Leben und Siea 
Karl dem Großen, dem von Gott gekrönten, friedebringenden Kaiser ber 
me diesen Rufe mischte sich alsbald das Schmettern der Trom- 
peten und Posaunen, und ein zahlreicher Chor stimmte den K'rönungs- 
gesang an. So würbe bas von einem Deutschen vernichtete römische 
Kaisertum von einem Deutschen wieber aufgerichtet unb später von einem 
Nachfolger Karls auf die Dauer mit dem deutschen Reiche vereinigt. 
8 68. 
Karls des Hroßen Staatseinrichtungen und 
Familienleben. 
^ ®av[ war nicht blos ein gewaltiger Kriegsheld, sondern auch ein großer 
Herrscher und Gesetzgeber und ein zärtlicher Familienvater. Das ungeheuere 
Reich, welches er durch die Wucht seines Schwertes und die Überlegenheit 
se"es Geistes geschaffen, zerfiel zwar unter feinen Nachfolgern in verschie¬ 
dene Teile, aber die trefflichen Gefetze, die er gegeben, die wohlthätigen 
Einrichtungen, die er ins Leben gerufen, dauerten lange fort und spendeten 
reichen Segen. Denn die, welche er als Held mit dem Schwerte unter- 
worfen hatte, wollte er als Vater durch Liebe beglücken. Unablässig war 
er bemüht seine Völker aufzuklären, sie weifer und besser zu machen. Die 
gelehrtesten Männer seiner Zeit zog er an seinen Hof und schenkte ihnen 
seine Achtung und Freundschaft. Mit ihrer Hülfe suchte er Unterricht und 
Bildung allgemein zu verbreiten und stiftete deshalb viele Schulen, um die 
Jugend zu gesitteten unb gottesfiirchtigen Menschen heranbilden zu lassen. Er 
schätzte erworbene Kenntnisse unb gute Sitten höher als ererbte Standes- 
vorlüge ohne diese. Darum besuchte er, wo er nur konnte, selbst die 
Schulen, um mit eigenen Augen zu sehen, ob seine Vorschriften auch be¬ 
sagt, seinen Anordnungen nachgekommen würde. Emst fand er bei einem 
solchen Schulbesuche, daß die Söhne der Vornehmen den Kindern gemeiner 
Lente an Kenntnissen und Fleiß weit nachstanden. Diese mußten sich zu 
seiner Rechten, jene zu seiner Linken aufstellen. Dann sagte er zu deu 
armen, aber fleißigen Kindern in liebevollem Tone: „Ich danke euch, meine 
Kinder, ihr habt ganz meinen Wünschen entsprochen, euch zur Ehre und 
zum bleibenden Nutzen." Zürnend wandte er sich hierauf an die vorneh¬ 
men, aber trägen Kinder mit den drohenden Worten: „Ihr aber, ihr 
Söhne der Edelen. ihr feinen Püppchen. die ihr euch der Trägheit und dem
	        
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