Full text: Lebensbilder aus der deutschen Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges (Teil 2)

Karl der Große. 
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Dem Gottesdienste wurde durch Gesang und Orgelspiel größere 
Feierlichkeit verliehen. 
4. Karls Lebensweise und Tod. Karl war groß und stark ge¬ 
baut, er maß von den Zehen bis zum Scheitel siebenmal die Länge 
seines Fußes. In früher Jugend übte er nach fränkischer Sitte 
seine Körperkraft und wurde der beste Fechter und der beste 
Schwimmer. Sein Hauptvergnügen war die Jagd, und wenn er 
seinem Hofe ein Fest bereiten wollte, wurde ein Treibjagen an- 
gestellt. Alles setzte sich zu Pferde, und dann ging es unter dem 
Klange der Horner und dem Gebell unzähliger Hunde in lärmendem 
Jubel hinaus in die Weite der Wälder, wo dann die jungen Edlen 
sich durch Mut und Geschicklichkeit zu übertreffen suchten. Karl, 
mitten unter ihnen, bestand manch heißen Kampf mit wilden 
Ebern, Bären und Auerochsen. Seine Stirn war frei; seine Augen 
groß und lebhaft; sein Haar blond und weich, sein Antlitz sreund- 
lich und heiter. Seine Kleidung unterschied sich wenig von der ge- 
wohnlichen Tracht des fränkischen Volkes, sie war zum Teil von 
seinen eigenen Töchtern gefertigt; ausländischer Prunk war ihm 
verhaßt. 
Karls Lebensweise war von der größten Einfachheit. 
Speise und Trank genoß er mäßig; ein Wildbretbraten, vom 
Jäger am Spieße aus die Tasel gebracht, war seine Lieblings- 
speise; während des Mahles liebte er Musik und vaterländische 
Sieder. Des Nachts unterbrach er häufig feinen Schlaf; dann übte 
er wohl die schwertgewohnte Hand in der schwierigen Kunst des 
Schreibens, das er erst im Alter erlernte. Eine bestimmte Residenz 
hatte der Kaiser nicht; er weilte bald auf dieser, bald auf jener 
seiner Pfalzen. Am liebsten hielt er sich am Rhein in Ingel¬ 
heim aus und vor allem, der warmen Bäder wegen, in Aachen, 
wo er ein prächtiges Königshaus erbauen ließ. 
Der Kaiser erhielt sich bis an sein Lebensende frisch und 
rüstig. Im zweiundsiebzigsten Lebensjahre starb er nach kurzem 
Krankenlager 814 in Aachen. Eine einfache Marmorplatte be¬ 
zeichnet seine Grabstätte mit der kurzen Inschrift: Cärolus magnus. 
In Sage und Lied lebte das Andenken an den großen Herrscher 
noch Jahrhunderte hindurch fort. 
5. Karls Nachfolger und die Reichsteilung. Das Reich Karls 
des Großen, welches einzig und allein durch feine gewaltige Per- 
fönlichkeit geschaffen und zusammengehalten wurde, geriet unter
	        
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