VII. Der Friede zu Tilsit.
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gezimmerten Brücke ward ein Häuschen errichtet, mit
Teppichen und Blumen geschmückt, und zu ihrer Be¬
gegnung gerüstet. Doch nur die beiden Kaiser trafen sich
dort, denn Napoleon weigerte sich, den König zu empsan-
gen; er wollte ihn fühlen lassen, daß er ganz in seiner
Gewalt wäre und alles hinnehmen müsse. Da mochte
der König schon merken, daß er's mit einem unbarmher¬
zigen Sieger zu thun habe. Endlich, auf Bitten Kaiser
Alexanders, ließ sich Napoleon herbei, auch den König zu
sehen, doch vermochte er's in seinem unedelen Sinne nicht
über sich, ihn zu schonen, sondern kränkte ihn mit scharfen
und bitteren Worten.
Lange Zeit konnte der König nicht erfahren, was denn
der Kaiser Napoleon als Siegespreis von ihm fordern
werde, endlich ward ruchbar, daß er das halbe Königreich
Preußen zu behalten im Sinne habe. Von der Größe
und Härte dieser Forderungen waren alle erschreckt und
fingen an, auf Mittel zu denken, um des Siegers Sinn
zu wenden. Da riet Kaiser Alexander, man solle die
Königin Luise aus Memel herberufen. Es waren aber
zweierlei Meinungen: die einen erklärten sich dagegen,
denn es werde nichts nützen, und das solle man der hohen
Frau nicht anthun, die anderen bestanden darauf, eine
Königin könne keine Fehlbitte thun. Hierfür entschied sich
der König und berief seine Gemahlin.
Von keinem Menschen war der Königin Luise ärgeres
Herzeleid widerfahren, als von Napoleon. Sobald der
Krieg ausgebrochen war, hatte er sie vor der Welt ver-
läumdet und überall ausgestreut, die Königin habe den
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