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X. Die Kaiserproklamation.
bie Fürsten. Stehend unb mit zu Boben gesenkten Augen
hörte er bas Lieb „Sei Lob und Ehr bent höchsten Gut!",
bie Liturgie unb bie Prebigt bes Geistlichen an. Nach
bem Schlußliebe „Nun banket alle Gott!" ging er zum
Hochtritte. Als alle Fürsten vor ihm, wie er es gewünscht
hatte, unb zuletzt er selber hinaufgestiegen waren, gab er
den Fahnenträgern von ben Königs-Grenabieren unb bem
1. Garbe-Regimente Befehl, noch zwei Schritte vorzu-
treten, so baß sie bicht hinter ihm stauben. Während
dessen stellten sich bie unten im Saale Zurückbleibenben
von neuem auf. Als es in bem weiten Räume still ge-
worden war, wandte sich der König zu den Fürsten und
las ihnen bie Worte seines königlichen Dankes, bie er sich
vorher aufgezeichnet hatte, mit lauter Stimme vor unb
forberte bann ben Kanzler auf, bie Verkünbigung an bas
beutfche Volk zu verlesen. Zwar etwas bleich von Aus-
sehen, ba er von einer Krankheit kaum genesen war, aber
starker unb fester Haltung trat ber gewaltige Mann im
blauen Kürassierrocke vor, verbeugte sich tief vor seinem
Herrn unb entrollte bas Pergament, bas er in ben Hän¬
den hielt. Immer zum Könige gewenbet, las er vor, baß
der König, dem einmütigen Rufe der Fürsten und freien
Städte folgend, die Würde eines Deutschen Kaisers an-
nehme. „Möge Gott ihm und seinen Nachfolgern ver¬
leihen", so hieß es am Schlüsse, „Mehrer des Reiches zu
sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den
Gütern und Gaben des Friedens!"
Mit tiefer Aufmerksamkeit hatten die Versammelten
die Botschaft vernommen und harrten noch im Schweigen,